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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Das Gespenst des eingebetteten Journalismus
in einer unipolaren Weltordnung

Von Abbey Makoe

Abbey Makoe ist Gründer und Herausgeber des südafrikanischen Global South Media Network. Den folgenden Vortrag hielt er an 12. Juli per Videoschaltung in der Berliner Konferenz des Schiller-Instituts. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurde von der Redaktion hinzugefügt.)

Zuallererst möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Frau Helga Zepp-LaRouche meine tiefe persönliche Dankbarkeit für die Einladung zum Ausdruck zu bringen. Als wir uns vor einigen Monaten in China zum ersten Mal trafen, wurde deutlich, daß wir zwar nicht in allem übereinstimmen, aber daß unsere gemeinsame Weltsicht, die den Frieden dem Krieg vorzieht, der Kitt sein würde, der die Zusammenarbeit und das neue Band zusammenhält. Auch ich grüße alle Teilnehmer.

Das Schiller-Institut – und das ist sein großes Verdienst – bleibt standhaft in seinem Bestreben, Möglichkeiten auszuloten, die dazu beitragen könnten, der Verschlechterung der globalen Beziehungen entgegenzuwirken.

Zu den Hauptzielen dieser Konferenz gehört, wie ich verstanden habe, die Suche nach Möglichkeiten, Lyndon LaRouches Programm für den Wiederaufbau der Weltwirtschaft, neue wissenschaftliche und technologische Grenzen, die Schönheit kultureller Errungenschaften und nicht zuletzt die Bedeutung von Lyndon LaRouches Ideen für die Gestaltung der nächsten fünfzig Jahre auf der Erde zu verwirklichen.

Obwohl mir die Freiheit der Meinungsäußerung und des Denkens zugestanden wurde, habe ich mich dafür entschieden, meinen Beitrag an den erklärten Zielen des Schiller-Instituts auszurichten. Ich hoffe, daß mein Beitrag mit den gewünschten Ergebnissen dieser Konferenz in Einklang gebracht werden kann. Darüber hinaus ist es meine ausdrückliche Absicht, meine kritischen Gedanken mit den allgemeinen Zielen und der Philosophie von Lyndon LaRouche in den internationalen Beziehungen in Einklang zu bringen. Ich werde später auf LaRouche zurückkommen, nachdem ich zunächst die Faktoren genannt habe, die die Verwirklichung von LaRouches Ideen zu einer ständigen Fata Morgana machen.

Erlauben Sie mir jedoch, wenn Sie so wollen, gleich zu Beginn auf das Thema einzugehen, wie oben beschrieben.

Die Aufgabe des Journalismus

Ich bin mir sehr wohl bewußt, daß praktisch jeder in dieser Konferenz mit den Grundlagen des Journalismus vertraut ist, einem Handwerk, das auf dem Ethos beruht, Leser und Zuschauer zu informieren, zu bilden und ja, auch zu unterhalten.

Aber wahrer Journalismus ist meiner Meinung nach derjenige, der vor allem die Träger öffentlicher Ämter zur Rechenschaft zieht. Man könnte hinzufügen, daß wahrer Journalismus kritisch mit der Macht umgehen sollte, unabhängig von der Person des Amtsinhabers. Ich bin während der Apartheid in Südafrika geboren und aufgewachsen und kenne daher Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Verfolgung nur zu gut. Es ist dieser Hintergrund, der mich in meinen 35 Jahren als Journalist inspiriert hat. Er hat mich dazu veranlaßt, mich zu jeder Zeit auf die Seite der Schwachen gegen die Mächtigen zu stellen.

Diese Philosophie habe ich von dem verstorbenen Menschenrechtsanwalt George Bizos gelernt, der Nelson Mandela im berühmten Rivonia-Prozeß vertrat und dazu beitrug, daß Mandela und seine Kameraden zu lebenslanger Haft statt zum Tod durch Erhängen verurteilt wurden. Jahre später vertrat Bizos die Familie des Black Consciousness-Führers Steve Biko bei der Untersuchung von Bikos Tod. Biko war zum Anführer des Befreiungskampfes geworden, nachdem Mandela und andere politische Führer lebenslange Haftstrafen verbüßt hatten und andere Führer ins Exil geflohen waren, um einen Guerillakrieg zu führen. Biko wurde im September 1977 in Polizeigewahrsam ermordet, und Bizos kämpfte gegen die Feststellung des Staates an, daß niemand für Bikos Tod verantwortlich gemacht werden könne.

Bei Aktionen wie denen von Bizos in Südafrika oder des Schiller-Instituts in Deutschland oder anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen, deren Modus Operandi darin besteht, Gerechtigkeit zu suchen, wo sie verweigert wird, besteht die Rolle des wahren Journalismus darin, sicherzustellen, daß die Öffentlichkeit informiert und aufgeklärt wird. In der Sprache des Journalismus wird dies als „öffentliches Interesse“ bezeichnet. Dieser Gedanke wird von dem Wunsch angetrieben, den Mächtigen die Wahrheit zu sagen.

Diese und viele andere Eigenschaften haben dem Journalismus historisch gesehen einen besonderen Platz in der Gesellschaft verschafft und ihn als Vierte Gewalt bezeichnet. In vielen Demokratien sind die Rechte einer freien Presse gesetzlich verankert. Aber das Aufkommen des eingebetteten Journalismus im 21. Jahrhundert bedroht die besondere Stellung des Journalismus in der Gesellschaft.

Das Gespenst des eingebetteten Journalismus

Ich möchte den Ausbruch des Gespenstes des eingebetteten Journalismus bis ins Jahr 2003 zurückverfolgen. Das war während der illegalen Invasion des Irak durch die US-Regierung unter George W. Bush. Mit der bedingungslosen Unterstützung Großbritanniens unter Premierminister Tony Blair schusterten die beiden Staatsoberhäupter das zusammen, was sie als „Koalition der Willigen“ bezeichneten, als sie erkannten, daß die UNO in ihrem zweifelhaften Fall keine militärische Invasion des Irak genehmigen würde. Aber Bush und Blair wollten die Welt glauben machen, daß der irakische Präsident Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besaß und entwaffnet und abgesetzt werden mußte.

Die Medien in den USA und im Vereinigten Königreich haben sich in boshafter Weise, vielleicht sogar mit Freude, auf das Schreckgespenst des eingebetteten Journalismus eingelassen. Auf diese Weise schufen sie einen Präzedenzfall. Die Medien begannen, die Kunst zu erlernen und zu beherrschen, zu reinen Staatspropagandisten zu werden. Sie berichteten nur noch die Versionen von Militärsprechern und Regierungsvertretern, Schlag auf Schlag.

„Hinterfragen Sie die Autorität“ – diese Eigenschaft aus dem Journalismus-Einmaleins, die in jedem Journalisten tief verwurzelt ist, wurde seitdem über Bord geworfen. Bis zum heutigen Tag imitiert ein großer Teil der westlichen Medien die außenpolitische Haltung ihrer Regierung. Sie halten sich an das, was Shakespeare wie folgt beschrieben hätte: „Höre nichts Böses. Sieh nichts Böses. Sprich nichts Böses.“ Dies ist das Mantra der westlichen Medien, wenn es um ihre Regierungen geht. Und wenn es um die Medien in der Mehrheitswelt geht, bestehen die westlichen Medien und ihre Regierungen darauf, daß die Medien ihre Regierungen kritisieren müssen.

Wir alle wissen, daß Saddam Hussein keine Massenvernichtungswaffen besaß. Trotzdem haben sie ihn getötet. Bis zum heutigen Tag haben sich sowohl Bush als auch Blair geweigert, sich für ihre Lügen gegenüber der Welt zu entschuldigen. Statt dessen ist Blairs Lieblingssatz: „Die Welt ist ohne Saddam ein sicherer Ort.“

Ich möchte nur zwei Beispiele für die Gefahren des eingebetteten Journalismus anführen. Die Invasion des Irak ist das eine. Das andere ist sehr aktuell. Sie findet statt, während wir hier sprechen. Die südafrikanische Regierung hat dem Internationalen Gerichtshof mitgeteilt, daß Israel mit Unterstützung der USA, Europas und des Westens einen Völkermord in Gaza begeht.

Mit Ausnahme von Al Jazeera, dem internationalen Fernsehsender in arabischem Besitz, rechtfertigt der Rest der westlichen Mainstream-Medien weiterhin Israels Vorgehen gegen die Palästinenser. Dies tun sie entweder im Auftrag oder durch Unterlassung. Sie rechtfertigen die tägliche Tötung von palästinensischen Männern, Frauen und Kindern unter dem Vorwand, daß Israel Jagd auf die Hamas macht. In Krankenhäusern, UN-Zentren, Notunterkünften – überall werden Palästinenser wahllos getötet, und zahlreiche Menschen bleiben unter Trümmerhaufen gefangen. Darüber hinaus hat Israel den Zugang von Hilfsgütern nach Gaza blockiert und damit den Hunger als Kriegswaffe eingesetzt. Seit Oktober 2023 hat Israel nach Angaben des Internationalen Journalistenverbandes 184 palästinensische Journalisten und Medienmitarbeiter getötet.

Dennoch gibt es keinen internationalen Aufschrei im Westen. Das Vereinigte Königreich hat vor kurzem eine pro-palästinensische Bürgergruppe verboten und sie als terroristische Gruppe eingestuft, nachdem ihre Anhänger geparkte Flugzeuge mit Farbe besprüht hatten. In den westlichen Medien gibt es nur eine Flut von Interviews mit pro-israelischen Kommentatoren, die erklären, warum der Krieg gegen Gaza legitim ist: Die Hamas sei böse und, wie der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu sage, werde der Angriff nicht aufhören, bis die Hamas vollständig vernichtet ist.

Dieses Gespenst des eingebetteten Journalismus steht in krassem Gegensatz zu den Grundsätzen der UN-Charta, die im Juni ihr 80jähriges Bestehen feierte.

Auf dem jüngsten BRICS-Gipfel in Brasilien sagte Präsident Lula, die Welt erlebe den beispiellosen Zusammenbruch des Multilateralismus. „Das internationale Recht ist ein leeres Wort geworden“, sagte Präsident Lula.

Meiner bescheidenen Meinung nach veranschaulicht nichts den Niedergang des Multilateralismus und den Aufstieg einer unipolaren Weltordnung besser als die derzeitige Verhängung von US-Zöllen gegen Länder in aller Welt, wodurch die Rolle der WTO untergraben wird.

Und warum sind die von Washington einseitig verhängten Wirtschaftssanktionen für alle Länder genauso verbindlich, als wären sie von der UNO verhängt worden?

Abschließend möchte ich behaupten, daß es den modernen Medienmogulen gelungen ist, den traditionellen Journalismus mit seinen furchtlosen Praktikern, die das öffentliche Interesse über Profite und politische Manipulationen stellen, zu vernichten.

Angesichts des Aufstiegs einer unipolaren Weltordnung, die durch das beispiellose US-Zollregime gekennzeichnet ist, scheint >Lyndon LaRouches Traum vom „Wiederaufbau der Weltwirtschaft“ noch in weiter Ferne zu liegen. In einer globalisierten Welt, die miteinander verbunden und voneinander abhängig ist, sollten neue wissenschaftliche und technologische Spitzenbereiche das Gefühl eines globalen Dorfes erzeugen, in dem wir uns alle trotz unserer Verschiedenheit gegenseitig umarmen. Statt dessen haben die technologischen Durchbrüche die Kluft zwischen den Besitzenden und den Habenichtsen, zwischen den Reichen und den Armen, den Starken und den Schwachen, zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden oder der Welt der Mehrheit vergrößert.

Selbst die Kultur, die nach LaRouches Wunsch zu einem Vehikel werden sollte, das die Menschen zusammenbringt und sie voneinander lernen läßt, wurde vom Westen als imperiales Werkzeug eingesetzt. Man könnte es Kulturimperialismus nennen, bei dem alles, was nicht westlich ist, als rückständig oder unzivilisiert angesehen und behandelt wird.

Lyndon LaRouches Ideen für die Gestaltung der nächsten fünfzig Jahre auf der Erde mögen edel sein, wenn es um Gerechtigkeit und gleichen Zugang für alle, die Beseitigung des Hungers und die Gesundheitsversorgung, Bildung und Sicherheit für alle geht. Doch wenn die Gräben, die die Welt auseinanderreißen, immer größer werden, könnte es in den nächsten 50 Jahren zu einer Zunahme der inneren Unruhen zwischen den Nationen der Welt kommen. Da die NATO vor kurzem eine Erhöhung ihrer Militärausgaben auf 5% des BIP beschlossen hat, ist es offensichtlich, daß Europa in erster Linie an Krieg denkt und nicht an Frieden und friedliche Koexistenz mit dem Rest der Weltgemeinschaft. Wie Präsident Lula feststellte, ist es in Bezug auf die NATO-Länder „einfacher, in den Krieg zu investieren als in den Frieden.“

Ich vermute daher, daß Lyndon LaRouche, der vom Himmel aus zusieht, sehr entmutigt sein muß von der Welt, die mit jedem Tag weiter auseinanderdriftet, anstatt die dringend benötigten Brücken zu bauen. Und ein wichtiger Faktor ist der eingebettete Journalismus, der als Nachrichten getarnt Propaganda verbreitet und die ahnungslose Öffentlichkeit verwirrt, während er durch unethische Praktiken enorme Gewinne einfährt.