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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Afrika muß kritisch werden

Von Princess „Princy“ Mthombeni

Princy Mthombeni ist Kommunikationsspezialistin und Gründerin von Africa4Nuclear, Südafrika. Im zweiten Abschnitt der Pariser Konferenz der Solidarité et Progrès (S&P) und des Schiller-Instituts am 8. November sagte sie folgendes. (Übersetzung aus dem Englischen.)

Guten Tag, verehrte Gäste, Kollegen und Freunde.

Mein Name ist Princess Mthombeni, aber die meisten nennen mich Princy – und so finden Sie mich auch in den sozialen Medien.

Es ist mir eine große Ehre, virtuell aus dem sonnigen Südafrika dabei zu sein und an dieser wichtigen Diskussion in Paris teilzunehmen – einer Stadt, deren Lichter kaum jemals ausgehen und die zum großen Teil mit Kernenergie versorgt wird. Auch wenn ich nicht persönlich vor Ort sein kann, empfinde ich es als symbolisch, eine Verbindung herzustellen zwischen einem Teil der Welt, der noch um Energiesicherheit ringt, und einem anderen Teil, der diese längst erreicht hat.

Ich bin in dem Dorf Nquthu in KwaZulu-Natal, Südafrika, geboren und aufgewachsen. Als ich aufwuchs, hatten wir weder Strom noch fließendes Wasser, und nichts deutete darauf hin, daß ein Mädchen von dort eines Tages auf einer Konferenz in Paris über Kernenergie sprechen würde. Wenn ich also über Energie spreche, spreche ich nicht aus der Theorie heraus – ich spreche aus Erfahrung und aus Erinnerung.

Afrika wird kritisch

Der Titel meiner heutigen Rede lautet „Afrika muß kritisch werden”. In der Welt der Kernenergie bedeutet es, wenn ein Reaktor „kritisch geworden ist“, daß er eine sich selbst erhaltende Kettenreaktion erreicht hat – Strom fließt, das System lebt. Paris und tatsächlich ein Großteil Frankreichs genießen heute dieses Licht, weil Ihre Kernreaktoren vor Jahrzehnten kritisch geworden sind.

Und genau das wünsche ich mir für Afrika – daß unsere Nationen kritisch werden, um diesen Punkt der Selbstversorgung zu erreichen, an dem unser Wachstum, unsere Innovation und unser Fortschritt durch unsere eigenen Kapazitäten angetrieben werden, nicht durch externe Genehmigungen oder geliehene Energie.

Energie als Grundlage der Emanzipation

Energie ist nicht nur Strom – sie ist der Herzschlag der Entwicklung. Ohne zuverlässige Energie kann kein Land industrialisieren. Keine Fabriken. Keine Krankenhäuser. Keine Innovation. Und leider auch keine Würde.

Heute leben noch immer mehr als 600 Millionen Afrikaner ohne Strom. Das bedeutet 600 Millionen Träume, 600 Millionen ungenutzte Ideen, 600 Millionen Zukunftsperspektiven, die darauf warten, verwirklicht zu werden.

Deshalb kämpfe ich für Energiesouveränität – denn kein Land kann frei sein, wenn es sich nicht selbst mit Energie versorgen kann. Für Afrika bietet die Kernenergie diesen Weg: zuverlässig, sauber und in der Lage, nicht nur die Wirtschaft, sondern auch das Leben der Menschen zu verändern.

Von Energiearmut zu Energiegerechtigkeit

Für mich ist Energiegerechtigkeit menschliche Gerechtigkeit. Es ist die Überzeugung, daß jedes afrikanische Kind die Würde des Lichts verdient – nicht als Luxus, sondern als Geburtsrecht. Und diese Gerechtigkeit erfordert Ehrlichkeit. Wenn Europa und der Westen durch Kohle, Wasserkraft, Gas und Kernenergie industrialisiert wurden, wie kann man dann von Afrika verlangen, sich nur auf intermittierende erneuerbare Energien zu verlassen? Wenn Finanzierungsbedingungen oder Hilfsprogramme die Wahlmöglichkeiten Afrikas einschränken, geht es nicht mehr um das Klima – es geht um Kontrolle.

Wahre Gerechtigkeit bedeutet, Afrika Zugang zu denselben Technologien zu verschaffen, die den Wohlstand Europas beflügelt haben – einschließlich der Kernenergie. Das bedeutet Vertrauen. Partnerschaft. Respekt.

Und lassen Sie mich klar sagen: Diese Generation junger Afrikaner wird keine weitere Form des Kolonialismus zulassen – auch wenn sie in Form von grünen Energieabkommen daherkommt. Sie sind wach, informiert und entschlossen, dafür zu sorgen, daß die Energiezukunft Afrikas von Fairneß und nicht von Ausbeutung geprägt ist.

Ein Appell an Europa: Von Patronage zu Partnerschaft

Diese Konferenz fragt: Was bedeutet die Emanzipation Afrikas für Europa?

Meine Antwort darauf lautet: Es bedeutet, die Beziehung zu überdenken. Es bedeutet, von Hilfe zu Allianz überzugehen – davon, Afrika als Begünstigten zu sehen, dazu, Afrika als Mitgestalter der Zukunft anzuerkennen.

Europa kann eine transformative Rolle spielen – nicht durch Predigen, sondern durch Partnerschaft. Durch Investitionen in die nukleare Forschung und Entwicklung in Afrika. Durch die Unterstützung regionaler Ausbildungszentren und lokaler Fertigungsbetriebe. Durch die Schaffung fairer Finanzierungsinstrumente, die es afrikanischen Ländern ermöglichen, ihre eigenen Reaktoren sicher und nachhaltig zu bauen und zu betreiben.

Wir bitten nicht um Erlaubnis. Wir bitten um Gleichberechtigung. Nicht um Wohltätigkeit – sondern um Zusammenarbeit. Denn bei einer Partnerschaft geht es nicht darum, wer gibt und wer nimmt, sondern darum, wer gemeinsam etwas aufbaut.

Afrikas nukleares Erwachen

Als ich Africa4Nuclear gründete, war es mein Traum zu zeigen, daß es bei der Kernenergie in Afrika nicht nur um Kraftwerke geht, sondern um Möglichkeiten. Auf dem gesamten Kontinent sehe ich junge Ingenieure, Wissenschaftler und Innovatoren, die bereit sind, diesen Wandel voranzutreiben – Reaktoren zu entwerfen, Nuklearmedizin zu entwickeln und lokale Wertschöpfungsketten zu schaffen.

Stellen Sie sich ein Afrika vor, in dem unser Uran den Fortschritt vorantreibt, nicht die Politik. Wo die Nuklearmedizin Leben rettet. Wo kleine modulare Reaktoren Industrien und Gemeinden fernab vom Stromnetz mit Energie versorgen. Das ist das Afrika, das ich sehe – das Afrika, das gerade beginnt, kritisch zu werden.

Abschließend möchte ich sagen: Während die alte Energieordnung verblaßt, hat die Welt die Wahl: sie entweder auf Abhängigkeit oder auf Würde neu aufzubauen. Europa kann Teil der Renaissance Afrikas sein – nicht als Geldgeber, sondern als Partner. Gemeinsam können wir eine neue Ära der Zusammenarbeit einläuten – eine Ära, die auf Wissenschaft, Souveränität und gemeinsamer Menschlichkeit basiert. Denn wenn Afrika kritisch wird, wird es nicht nur unseren Kontinent erhellen, sondern die ganze Welt mit Energie versorgen.

Vielen Dank.