Panel 2: Die Schönheit der kulturellen Vielfalt
Der zweite Abschnitt der Konferenz des Schiller-Instituts hatte das Thema
„Die Schönheit der kulturellen Vielfalt“. Jen Pearl moderierte die Sitzung und
eröffnete sie mit einem Video von Lyndon LaRouche aus dem Jahr 1995 über
die Motette Jesu, meine Freude von J. S. Bach. LaRouche beschrieb darin
seine Teilnahme an einer Probe und später an einer Aufführung des Thomanerchors
in Leipzig, der auf eine mehr als 800-jährige Geschichte zurückblickt. Die
Thomas-Schüler im Alter von 8 bis 18 Jahren probten hochkonzentriert diese sehr
schwierige Bach-Motette und führten sie dann perfekt auf.
Helga Zepp-LaRouche erörterte anschließend, warum wir eine neue
klassische Renaissance brauchen. Sie berichtete von der Gründung des
Schiller-Instituts im Jahr 1984, in einem Moment großer Gefahr (als sich die
Raketenkrise zwischen der NATO und der UdSSR zuspitzte), um eine Bewegung für
Staatskunst aufzubauen. Heute entwickle sich ein neues kulturelles Bewußtsein in
Asien, während der Westen in einen Kult der Drogen, Perversität und Häßlichkeit
degeneriere. Sie zitierte die Ansicht des russischen Außenministers Sergej
Lawrow, daß die westliche Kultur die Werte ihrer Vorfahren ablehnt, eine
„postchristliche“ Kultur des „Alles ist möglich“ annimmt und versucht, eine
solche perverse Kultur auch dem Rest der Welt aufzuzwingen. Sie betonte, das sei
die Kultur, in der sich Perversionen wie Fukayamas „Ende der Geschichte“ und
LGBTQ ausbreiten könnten und die Menschen mit dem Scheingegensatz „Autokratie
gegen Demokratie“ auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herabgewürdigt
werden.
Die Frage, wie man die Menschen in dieser Lage erheben könne, sei unsere
Aufgabe. Große Denker wie Konfuzius und Schiller seien immer der Auffassung
gewesen, daß die ästhetische Erziehung die Grundlage dafür sein muß, den
menschlichen Geist auf die Ebene der Vernunft und die Sinne auf die Ebene des
schöpferischen Geistes zu erheben. Sie hätten gewußt, daß große Kunst die Seele
erhebt, so wie entartete Häßlichkeit die Seele erniedrigt. Zepp-LaRouche
berichtete, daß Cai Yuanpei die Werke Schillers studierte und dessen Ideen als
erster Bildungsminister unter Sun Yat-sen nach China zurückbrachte.
Elvira Green, ehemalige Mezzosopranistin an der Metropolitan Opera,
hielt einen beeindruckenden Vortrag über die Macht der Musik, den sie mit dem
Text der afro-amerikanischen Hymne Lift Every Voice and Sing begann. Sie
sprach davon, wie man Kindern mit Mozarts Zauberflöte – „Mozarts
Liebesbrief an die Kinder“ – schöne Musik näherbringen kann. Mit dem Mittel der
Musik – der „Zauberflöte“ – werde dort eine Kraft lebendig, die Feuer und Eis,
d.h. Haß und Gleichgültigkeit, überwinden kann. Sie zitierte Präsident Kennedys
Äußerung über die Kraft der Kultur, durch die eine Kultur definiert werden und
die Zeiten mehr überdauern kann als jede militärische Heldentat. Sie beschrieb,
wie der schwarze amerikanische Tenor Roland Hayes bei einem Konzert in
Deutschland Ende der 1920er Jahre ein Publikum, das ihn wegen seiner Hautfarbe
zuerst voller Haß ausbuhte, durch seine innere Ruhe und die Schönheit seiner
Darbietung von Schuberts Lied Du bist die Ruh für sich gewann und
begeisterte. Green fragte, ob Musik eine Farbe, Gerechtigkeit oder Wahrheit
habe? Es seien Ideen und Schönheit, die die Seelen bewegen, und sie forderte
Musiker auf, zu Gesetzgebern zu werden.
Megan Dobrodt, die Präsidentin des amerikanischen Schiller-Instituts,
betonte, daß eine Renaissance, wie Zepp-LaRouche gesagt hatte, nicht einfach
„passiert“, sondern von Menschen geschaffen wird, die erkennen, daß die
Menschheit besser ist als ihr momentaner Zustand. Heute könnten wir eine neue
Renaissance schaffen, die zum ersten Mal global sein könne. Sie fragte, was ist
„klassisch“? Darunter sollte man keine historische Epoche verstehen, sondern ein
universelles Prinzip des Geistes. Die Sinne könnten Eindrücke sammeln, aber der
Verstand suche nach den Ursachen – das ist Wissenschaft. Mit der Poesie könne
man Konzepte vermitteln, die sich in Prosa nicht ausdrücken lassen, und die
Musik tue das gleiche noch viel wirkungsvoller. Als Ausgangspunkt für einen
Dialog der Zivilisationen zitierte sie den Dirigenten Wilhelm Furtwängler über
J.S. Bach, Bach habe das Hier und Jetzt mit der Ewigkeit verbunden und den Geist
zur Teilnahme an der Kreativität angeregt.
Es folgten verschiedene musikalische Darbietungen, die dem Publikum diese
Prinzipien auf eindrucksvolle Weise vermittelten:
- Feride Istogu aus Dänemark sang zwei albanische Lieder.
- Zwei chinesische Sänger, die Mezzosopranistin Ruijia Dong und der Tenor
Yulin Wang, sangen Mozart-Arien (aus Die Entführung aus dem Serail und
Clemenza di Tito) und chinesische Lieder, darunter ein Duett.
- Ein iranisches Duo, Nader Majd an der Tar, einem klassischen viersaitigen
Instrument, und Alireza Analouei an einer Trommel, spielte ein 2500 Jahre altes
Musikstück.
- Everett Suttle, Tenor und einer der Gründer des New Yorker Chors des
Schiller-Instituts, sang ein Stück von Rachmaninoff auf Russisch und ein Lied
des portugiesischen Komponisten Jayme Rujas de Aragón y Ovalle sowie mit
Michelle Erin vom Schiller-Institut das Duett Schwesterlein von
Brahms.
Zum Abschluß der Sitzung erläuterte der Musikdirektor des Schiller-Instituts,
John Sigerson, anhand von Mozarts Motette Ave Verum Corpus die Rolle der
„Bewegung“ in der Musik – die Bewegung zwischen den Intervallen. Lyndon LaRouche
habe einmal einen tausendköpfigen Chor gefordert, und mit dem anwesenden
Publikum könne man einen guten Anfang machen, sagte Sigerson; dann forderte er
alle Teilnehmer auf, zunächst einige Intervalle aus dem Stück zu studieren und
dann aufzustehen und gemeinsam das vierstimmige Ave Verum Corpus zu
singen – ein bewegender Moment und ein passender Abschluß der Sitzung.
Zepp-LaRouche kommentierte, wir müßten solche positiven Emotionen, wie dies im
Publikum auslöste, in der gesamten Bevölkerung hervorrufen.
Den Mitschnitt der Sitzung mit allen Musikdarbietungen finden Sie im
Youtube-Kanal des Schiller-Instituts.
mob
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