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Schiller-Institut e. V.
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Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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Ted Postol in Berlin: „Einen Atomkrieg kann man nicht gewinnen“

E.I.R. Nachrichten, 12.10. 2025 – Anfang Oktober fanden in Berlin mehrere Veranstaltungen statt, in denen die Gefahr für Deutschland durch eine Stationierung von Mittelstreckenraketen oder die Übergabe solcher Waffen an die Ukraine als potentieller Auslöser eines Dritten Weltkriegs im Mittelpunkt stand. Eine der Veranstaltungen war ein dreistündiger Vortrag des weltbekannten Waffenexperten Prof. Ted Postol vom MIT am 10. Oktober, der vom Schiller-Institut und der Eurasischen Gesellschaft organisiert wurde.

Prof. Postol sprach über die Gefahr der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland und gab eine nüchterne Analyse der Folgen eines möglichen Atomkrieges, und erläuterte das unglaubliche Zerstörungspotential moderner Atomwaffen, die heute um ein Vielfaches stärker sind als die Waffen, mit denen 1945 in Japan 200.000-250.000 Menschen getötet wurden. Er entlarvte die absurde Vorstellung, einen Atomkrieg gewinnen zu können. Was als „Sieg“ bezeichnet wird, werde zur Absurdität, wenn in dem Land, das „gewinnt“, niemand mehr am Leben ist.

Postol zeigte, wie nach dem ersten Einsatz einer Atomwaffe der Krieg innerhalb von etwa fünf Tagen zu einem Weltkrieg eskalieren würde, der alles Leben auf der Erde auslöscht. Er berichtete von seinen eigenen Erfahrungen mit der Planung von Atomkriegen, insbesondere mit dem Problem der verkürzten Frühwarnzeit bei der Vorwärtsstationierung von Raketen und der Gefahr einer schnellen Eskalation zum Atomwaffeneinsatz auf beiden Seiten aufgrund des Dilemmas „use it or lose it“ (wer sie nicht einsetzt, verliert [sie]). Er erklärte:

    „1983 gab es ein Kriegsspiel namens Able Archer. In diesem Kriegsspiel waren führende amerikanische Politiker daran beteiligt, aus sozialer, psychologischer und militärischer Perspektive eine Konfrontation zwischen dem Warschauer Pakt und der NATO zu simulieren, in der Atomwaffen zum Einsatz kommen… Und das Problem liegt auch in diesem Fall wieder in der Natur der Atomwaffen. Sie sind so mächtig, daß sich, sobald eine Seite beginnt, sie gegen die andere einzusetzen, jede Seite gezwungen sieht, zurückzuschlagen und so viel wie möglich von der Schlagkraft des Feindes zu zerstören. Sobald man sich in diesem Spiel befindet, hat man keine Wahl mehr. Man kann nicht sagen: ,Laßt uns aufhören.’ Denn man weiß nicht, ob der Gegner nicht eskalieren wird, bevor man aufhört… So gerät man in einen Kreislauf, in dem man … das Gefühl hat, den Feind angreifen zu müssen, um ihn unter Kontrolle zu halten. Diese Situation von Angriff und Gegenangriff ist im militärischen Denken grundlegend, denn dieses Denken geht davon aus, daß man kämpfen und gewinnen kann. Doch wie wir sehen werden, gibt es keinen Sieg.“

Die Wahnidee, einen Atomkrieg gewinnen zu können, „hat mit der Struktur zu tun, die die falsche Vorstellung erzeugt, ein Krieg mit Atomwaffen unterscheide sich nicht wesentlich von einem Krieg mit konventionellen Waffen. Aber das ist nicht wahr, denn das Ausmaß der Schäden ist so groß, daß beide Seiten zerstört werden.“

Postol kritisierte die selbstzerstörerische Politik der Bundesregierung, solche Waffen auf deutschem Boden zu stationieren. Dies mache Deutschland ohne triftigen Grund im Kriegsfall zu einem Ziel für nukleare Zerstörung. Er beklagte den immer schnelleren Verlust des Realitätssinns der Regierungen im Westen. Dies sei ein gefährlicher Treiber für nukleare Konfrontationen, weil die Verantwortlichen unfähig sind, die Folgen ihrer Politik zu begreifen.

Es folgte eine lebhafte Fragerunde, in der mehrere Aktivisten des Schiller-Instituts und der Eurasischen Gesellschaft ihre tiefe Besorgnis über die politische Lage in Deutschland zum Ausdruck brachten und ihre Anerkennung für Postols gründliche und tiefgreifende Analyse bekundeten.