"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

Die Lehre aus Lampedusa:
Gemeinsam aufbauen oder gemeinsam untergehen

Von Alexander Hartmann

Das Schiffsunglück vor Lampedusa, bei dem Hunderte afrikanischer Flüchtlinge ums Leben kamen, weil das mit 500 Flüchtlingen besetzte Schiff, auf dem sie sich befanden, in Sichtweite der Insel in Brand geriet und kenterte, steht paradigmatisch für die gegenwärtige Lage der Welt: Die ganze Weltwirtschaft ist dabei zu kentern, aber anstatt die Menschen zu retten, läßt man sie hilflos untergehen. Bestenfalls fordern die Politiker wie z.B. Bundespräsident Joachim Gauck, den Flüchtlingen einen besseren Schutz angedeihen zu lassen, während andere zynische „Das Boot ist voll“-Parolen verbreiten.

Dringend notwendig wäre jedoch vielmehr, die Ursachen zu beseitigen, die die Menschen in Afrika und anderswo in die Flucht vor den Zuständen in ihrer Heimat treiben. Das ist keineswegs nur ein humanitäres Gebot, es ist unverzichtbar, denn die gleiche Politik, die die Lebensbedingungen in Afrika unerträglich gemacht hat, wird - wenn wir sie nicht ändern -auch in den übrigen Teilen der Welt das Leben unerträglich machen. Dann werden wir alle Flüchtlinge sein, aber nirgendwo mehr Zuflucht finden.

Das Verhalten der Politik gegenüber dem voranschreitenden Zusammenbruch des Weltfinanzsystems ist absolut unverantwortlich. Die Regierungen wissen schon längst, daß die gescheiterte „Bailout“-Politik der Stützung von bankrotten Spekulanten auf Kosten der Regierungen an ihre Grenzen stößt, und bereiten seit geraumer Zeit den Übergang zum sog. „Bail-in“ vor, bei dem die Bankguthaben der Kunden zugunsten der weiterhin als unantastbar behandelten Großbanken enteignet werden sollen Ja, sie bereiten sogar bereits Maßnahmen vor für den Fall, daß es unter diesen Umständen zu Unruhen in der Bevölkerung kommt.

All das wurde dem Wählervolk während des soeben beendeten Bundestagswahlkampfs tunlichst verschwiegen, aber jetzt, nachdem die Wahlentscheidung gefallen ist, wird das Bail-in zunehmend zum Thema unter Internet-Kommentatoren, und es erscheinen nach und nach auch in den übrigen Medien Berichte, in denen diese Strategie erkennbar wird.

USA: Staatsverwaltung lahmgelegt

Nicht besser ist es in den Vereinigten Staaten. Dort ist derzeit praktisch die gesamte Staatsverwaltung lahmgelegt, weil sich Regierung und Kongreß darum streiten, welche Bevölkerungsguppen als nächste bluten sollen. Weder das Weiße Haus unter Präsident Obama noch die Führung der Republikaner im Kongreß zeigen sich irgendwelchen Vernunftargumenten zugänglich, und so droht nicht nur der Bevölkerung eine längere Periode, in der es keinerlei staatliche Leistungen gibt, was insbesondere die Sozialhilfeempfänger hart treffen würde, es droht ab Mitte des Monats sogar ein Zahlungsverzug der Bundesregierung, der dramatische Folgen für das gesamte Finanzsystem haben kann und möglicherweise der Stoß sein könnte, der das ganze weltweite Kartenhaus der Spekulation zum Einsturz bringt.

In einem Nachrichtenbrief der Standard & Chartered Bank in New York heißt es dazu ganz offen: „Eine Zahlungseinstellung würde wahrscheinlich erneut zu einem drastischen Abschwung der Wirtschaft führen, der die Wirtschaft wieder in eine schwere Rezession und wahrscheinlich in eine weitere ernsthafte Bankenkrise stürzen wird.“ Auch die Londoner Financial Times schreibt: „Am 17. Oktober droht ein potentiell noch weit gefährlicherer Moment, denn er könnte einen Zahlungsverzug auf die US-Schulden auslösen und Amerikas innenpolitisches Patt in eine globale Krise verwandeln.“

Die Ironie dabei ist natürlich, daß dies gerade auch dann geschehen wird, wenn die Wall Street und die Londoner City ihren Willen durchsetzen. In beiden Fällen wird das transatlantische Finanzsystem in einen unwiderruflichen Zusammenbruch übergehen.

Lyndon LaRouche verlangte deshalb in einer Erklärung, die am 2. Oktober in Washington als Flugblatt verteilt wurde, daß der US-Kongreß sofort diese Blockade überwindet und in beiden Kammern mit vetosicherer Mehrheit die Wiederinkraftsetzung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes beschließt. LaRouche betonte:

    „Präsident Obama spielt Kaiser Nero und benutzt die Blockade der Regierung zu einem verzweifelten Versuch, seine kollabierende Präsidentschaft wiederzubeleben, und Elemente der Republikanischen Partei spielen ihm dabei in die Hände.

    Dieser Unsinn verdeckt eine noch weit tödlichere Realität. Die US-Wirtschaft ist dabei zusammenzubrechen, das gesamte transatlantische Finanzsystem, von der Federal Reserve bis zu den ,Too-big-to-fail’-Banken an der Wall Street, befindet sich in einem Zusammenbruch, der nicht aufzuhalten ist. Hyperinflation, beschleunigt durch die Politik des letzten Jahrzehnts mit ,quantitativer Erleichterung“ (Gelddrucken), Bailouts und Bailins, hat einen Punkt erreicht, an dem der Lebensstandard der überwiegenden Mehrheit der amerikanischen Haushalte kollabiert.“

LaRouche fuhr fort: „Nichts von alledem ist unvermeidlich. Der Kongreß muß sofort wieder zusammentreten und mit großer, überparteilicher Mehrheit Glass-Steagall beschließen. Das wird den Bailouts und den Bailins ein Ende setzen. Laßt die Wall-Street-Gangster untergehen! Sie sind Parasiten der Realwirtschaft und haben keinen anderen rechtmäßigen Platz als den hinter Gittern. Mit Glass-Steagall wird es keine Wall-Street-Glückspiele auf Kosten der Steuerzahler mehr geben. Die Geschäftsbanken werden abgetrennt, versichert und in die Lage versetzt, der realen Wirtschaft wieder Kredite zu geben. Der Kongreß muß zurückkehren zur Politik des Amerikanischen Systems, in dem Bundeskredit für Entwicklungsprojekte reserviert ist, die die reale Wirtschaft mit Millionen neuen, anständig bezahlten und produktiven Arbeitsplätzen wieder aufbauen.“

Im Rahmen des derzeitigen Finanz- und Währungssystems und mit einem Präsidenten Obama gebe es keinen Ausweg aus der gegenwärtigen Krise, warnte LaRouche. Die vorgeschlagene „bereinigte“ Überbrückungs-Resolution, die von Demokraten und Republikanern akzeptiert wurde, sei eine Ansammlung mörderischer Kürzungen, die den Zerfall der Vereinigten Staaten nur noch weiter beschleunigte, würde man sie zulassen.

Die Republikaner hätten zwar nicht Unrecht, daß Obamas Gesundheitsreform zurückgenommen werden sollte, aber die eigentliche Tragödie des Gesundheitssystems sei die Demontage des einst hervorragenden Systems von Krankenhäusern, Kliniken, Forschungseinrichtungen und anderen medizinischen Dienstleistungen. Solange es keinen wirklichen Aufschwung der wirtschaftlichen Aktivität insgesamt gebe, angefangen mit Großprojekten wie der Nordamerikanischen Wasser- und Stromallianz (NAWAPA) und einem internationalen Schnellprogramm zur Entwicklung der kontrollierten Kernfusion sowie weiterer Projekte zum Aufbau des transpazifischen Raums als Zentrum der weltweiten wirtschaftlichen Expansion, sei Amerika zum Untergang verurteilt.

Wer eine Zukunft haben wolle, der müsse mithelfen, Glass-Steagall sofort durchzusetzen. Befreit von den Bailouts für die Wall Street und der hyperinflationären Politik des Gelddruckens und anderer Schwindel, durch die die Bevölkerung zugunsten einer Finanzoligarchie geplündert werde, könne Amerika die Welt in eine Ära des Friedens, der Prosperität und des wissenschaftlichen Fortschrits führen.

Unsere Zukunft liegt in Afrika

Für uns in Europa sollte das Unglück von Lampedusa eine warnende Erinnerung sein, daß Europas Zukunft in Afrika liegt, wie die Bürgerrechtsbewegung Solidarität schon im Europawahlkampf 2009 auf ihren Wahlplakaten verkündete. Denn das, was heute in Afrika geschieht, wird schon morgen auch bei uns geschehen, wenn wir nicht schleunigst einen dramatischen Kurswechsel vollziehen und uns abkehren von einer Politik, die das Geld über die Menschen und damit die Vergangenheit über die Zukunft stellt. Wenn wir an dieser Politik festhalten, drohen auch bei uns afrikanische Zustände, ohne soziales Sicherheitsnetz, ohne Infrastruktur, ohne Gesundheits- und Bildungssysteme, aber dafür mit Arbeitsbedingungen, unter denen die Menschen nicht viel besser leben als Knechte oder Sklaven.

Aber, und das ist das Entscheidende: Europas Zukunft liegt nicht nur im negativen Sinne in Afrika, sondern auch im positiven. Würde Europa von einer Politik des Raubbaus und der Plünderung zu einer Politik des Aufbaus und der Entwicklung übergehen und sich - ganz im Sinne des Westfälischen Friedens, demzufolge die Außenpolitik auf das Wohl der anderen Seite ausgerichtet sein muß - darauf konzentrieren, das Elend Afrikas und Südeuropas durch große Aufbauprogramme zu überwinden, dann wäre das nicht nur das beste Mittel, den Flüchtlingsstrom aus Afrika versiegen zu lassen, weil es keinen Anlaß mehr zur Flucht gäbe, es würde auch für uns einen Wirtschaftsaufschwung in Gang setzen, wie wir ihn seit den Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders nicht mehr erlebt haben.

Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist das Transaqua-Projekt, dessen Hauptaspekt ein rund 2400 km langer Kanal ist, der Wasser aus dem Becken des Kongo in die nördlich davon gelegene Tschadsenke leiten und so den derzeit austrocknenden Tschadsee wieder auffüllen würde. Das Austrocknen dieses Sees ist nicht bloß eine „ökologische“ Katastrophe, es verwandelt den Lebensraum von 50 Millionen Menschen nach und nach in eine Wüste. Durch den Bau des Kanals würde nicht nur diese Katastrophe verhindert, er würde die Lage in der Region drastisch verbessern: Es stünde dann nicht nur ausreichend Wasser zur Verfügung, sondern auch elektrischer Strom für die ganze Region, die dann infrastrukturell mit dem übrigen Afrika und der Welt verbunden wäre. Darüberhinaus würde das regionale Klima erträglicher und die Landschaft fruchtbarer.

Es spricht Bände über den moralischen und intellektuellen Bankrott der derzeitigen europäischen Führung, daß die EU-Kommission am 16. August in ihrer Antwort auf eine Anfrage der EU-Abgeordneten Cristiana Muscardini zu diesem Projekt erklärte, es bestünden „wegen großer Umweltrisiken“ große Bedenken dagegen. Die EU schützt lieber die Wüste als die Menschen.

Wie gesagt, Europas Zukunft liegt in Afrika. Welche Zukunft wählen Sie? Eine des Hungers und des Elends, oder eine des Wohlstands und der Entwicklung? Wenn Sie Aufbau und Entwicklung vorziehen, dann sollten Sie mithelfen, dies auch politisch durchzusetzen. Schließen Sie sich uns an!