Die Lehre aus Lampedusa:
Gemeinsam aufbauen oder gemeinsam untergehen
Von Alexander Hartmann
Das Schiffsunglück vor Lampedusa, bei dem Hunderte afrikanischer
Flüchtlinge ums Leben kamen, weil das mit 500 Flüchtlingen besetzte Schiff,
auf dem sie sich befanden, in Sichtweite der Insel in Brand geriet und
kenterte, steht paradigmatisch für die gegenwärtige Lage der Welt: Die ganze
Weltwirtschaft ist dabei zu kentern, aber anstatt die Menschen zu retten, läßt
man sie hilflos untergehen. Bestenfalls fordern die Politiker wie z.B.
Bundespräsident Joachim Gauck, den Flüchtlingen einen besseren Schutz
angedeihen zu lassen, während andere zynische „Das Boot ist voll“-Parolen
verbreiten.
Dringend notwendig wäre jedoch vielmehr, die Ursachen zu beseitigen, die
die Menschen in Afrika und anderswo in die Flucht vor den Zuständen in ihrer
Heimat treiben. Das ist keineswegs nur ein humanitäres Gebot, es ist
unverzichtbar, denn die gleiche Politik, die die Lebensbedingungen in Afrika
unerträglich gemacht hat, wird - wenn wir sie nicht ändern -auch in den
übrigen Teilen der Welt das Leben unerträglich machen. Dann werden wir alle
Flüchtlinge sein, aber nirgendwo mehr Zuflucht finden.
Das Verhalten der Politik gegenüber dem voranschreitenden Zusammenbruch des
Weltfinanzsystems ist absolut unverantwortlich. Die Regierungen wissen schon
längst, daß die gescheiterte „Bailout“-Politik der Stützung von bankrotten
Spekulanten auf Kosten der Regierungen an ihre Grenzen stößt, und bereiten
seit geraumer Zeit den Übergang zum sog. „Bail-in“ vor, bei dem die
Bankguthaben der Kunden zugunsten der weiterhin als unantastbar behandelten
Großbanken enteignet werden sollen Ja, sie bereiten sogar bereits Maßnahmen
vor für den Fall, daß es unter diesen Umständen zu Unruhen in der Bevölkerung
kommt.
All das wurde dem Wählervolk während des soeben beendeten
Bundestagswahlkampfs tunlichst verschwiegen, aber jetzt, nachdem die
Wahlentscheidung gefallen ist, wird das Bail-in zunehmend zum Thema unter
Internet-Kommentatoren, und es erscheinen nach und nach auch in den übrigen
Medien Berichte, in denen diese Strategie erkennbar wird.
USA: Staatsverwaltung lahmgelegt
Nicht besser ist es in den Vereinigten Staaten. Dort ist derzeit praktisch
die gesamte Staatsverwaltung lahmgelegt, weil sich Regierung und Kongreß darum
streiten, welche Bevölkerungsguppen als nächste bluten sollen. Weder das Weiße
Haus unter Präsident Obama noch die Führung der Republikaner im Kongreß zeigen
sich irgendwelchen Vernunftargumenten zugänglich, und so droht nicht nur der
Bevölkerung eine längere Periode, in der es keinerlei staatliche Leistungen
gibt, was insbesondere die Sozialhilfeempfänger hart treffen würde, es droht
ab Mitte des Monats sogar ein Zahlungsverzug der Bundesregierung, der
dramatische Folgen für das gesamte Finanzsystem haben kann und möglicherweise
der Stoß sein könnte, der das ganze weltweite Kartenhaus der Spekulation zum
Einsturz bringt.
In einem Nachrichtenbrief der Standard & Chartered Bank in New York
heißt es dazu ganz offen: „Eine Zahlungseinstellung würde wahrscheinlich
erneut zu einem drastischen Abschwung der Wirtschaft führen, der die
Wirtschaft wieder in eine schwere Rezession und wahrscheinlich in eine weitere
ernsthafte Bankenkrise stürzen wird.“ Auch die Londoner Financial Times
schreibt: „Am 17. Oktober droht ein potentiell noch weit gefährlicherer
Moment, denn er könnte einen Zahlungsverzug auf die US-Schulden auslösen und
Amerikas innenpolitisches Patt in eine globale Krise verwandeln.“
Die Ironie dabei ist natürlich, daß dies gerade auch dann geschehen wird,
wenn die Wall Street und die Londoner City ihren Willen durchsetzen. In beiden
Fällen wird das transatlantische Finanzsystem in einen unwiderruflichen
Zusammenbruch übergehen.
Lyndon LaRouche verlangte deshalb in einer Erklärung, die am 2. Oktober in
Washington als Flugblatt verteilt wurde, daß der US-Kongreß sofort diese
Blockade überwindet und in beiden Kammern mit vetosicherer Mehrheit die
Wiederinkraftsetzung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes beschließt.
LaRouche betonte:
„Präsident Obama spielt Kaiser Nero und benutzt die Blockade der Regierung
zu einem verzweifelten Versuch, seine kollabierende Präsidentschaft
wiederzubeleben, und Elemente der Republikanischen Partei spielen ihm dabei in
die Hände.
Dieser Unsinn verdeckt eine noch weit tödlichere Realität. Die
US-Wirtschaft ist dabei zusammenzubrechen, das gesamte transatlantische
Finanzsystem, von der Federal Reserve bis zu den ,Too-big-to-fail’-Banken an
der Wall Street, befindet sich in einem Zusammenbruch, der nicht aufzuhalten
ist. Hyperinflation, beschleunigt durch die Politik des letzten Jahrzehnts mit
,quantitativer Erleichterung“ (Gelddrucken), Bailouts und Bailins, hat einen
Punkt erreicht, an dem der Lebensstandard der überwiegenden Mehrheit der
amerikanischen Haushalte kollabiert.“
LaRouche fuhr fort: „Nichts von alledem ist unvermeidlich. Der Kongreß muß
sofort wieder zusammentreten und mit großer, überparteilicher Mehrheit
Glass-Steagall beschließen. Das wird den Bailouts und den Bailins ein Ende
setzen. Laßt die Wall-Street-Gangster untergehen! Sie sind Parasiten der
Realwirtschaft und haben keinen anderen rechtmäßigen Platz als den hinter
Gittern. Mit Glass-Steagall wird es keine Wall-Street-Glückspiele auf Kosten
der Steuerzahler mehr geben. Die Geschäftsbanken werden abgetrennt, versichert
und in die Lage versetzt, der realen Wirtschaft wieder Kredite zu geben. Der
Kongreß muß zurückkehren zur Politik des Amerikanischen Systems, in dem
Bundeskredit für Entwicklungsprojekte reserviert ist, die die reale Wirtschaft
mit Millionen neuen, anständig bezahlten und produktiven Arbeitsplätzen wieder
aufbauen.“
Im Rahmen des derzeitigen Finanz- und Währungssystems und mit einem
Präsidenten Obama gebe es keinen Ausweg aus der gegenwärtigen Krise, warnte
LaRouche. Die vorgeschlagene „bereinigte“ Überbrückungs-Resolution, die von
Demokraten und Republikanern akzeptiert wurde, sei eine Ansammlung
mörderischer Kürzungen, die den Zerfall der Vereinigten Staaten nur noch
weiter beschleunigte, würde man sie zulassen.
Die Republikaner hätten zwar nicht Unrecht, daß Obamas Gesundheitsreform
zurückgenommen werden sollte, aber die eigentliche Tragödie des
Gesundheitssystems sei die Demontage des einst hervorragenden Systems von
Krankenhäusern, Kliniken, Forschungseinrichtungen und anderen medizinischen
Dienstleistungen. Solange es keinen wirklichen Aufschwung der wirtschaftlichen
Aktivität insgesamt gebe, angefangen mit Großprojekten wie der
Nordamerikanischen Wasser- und Stromallianz (NAWAPA) und einem internationalen
Schnellprogramm zur Entwicklung der kontrollierten Kernfusion sowie weiterer
Projekte zum Aufbau des transpazifischen Raums als Zentrum der weltweiten
wirtschaftlichen Expansion, sei Amerika zum Untergang verurteilt.
Wer eine Zukunft haben wolle, der müsse mithelfen, Glass-Steagall sofort
durchzusetzen. Befreit von den Bailouts für die Wall Street und der
hyperinflationären Politik des Gelddruckens und anderer Schwindel, durch die
die Bevölkerung zugunsten einer Finanzoligarchie geplündert werde, könne
Amerika die Welt in eine Ära des Friedens, der Prosperität und des
wissenschaftlichen Fortschrits führen.
Unsere Zukunft liegt in Afrika
Für uns in Europa sollte das Unglück von Lampedusa eine warnende Erinnerung
sein, daß Europas Zukunft in Afrika liegt, wie die Bürgerrechtsbewegung
Solidarität schon im Europawahlkampf 2009 auf ihren Wahlplakaten verkündete.
Denn das, was heute in Afrika geschieht, wird schon morgen auch bei uns
geschehen, wenn wir nicht schleunigst einen dramatischen Kurswechsel
vollziehen und uns abkehren von einer Politik, die das Geld über die Menschen
und damit die Vergangenheit über die Zukunft stellt. Wenn wir an dieser
Politik festhalten, drohen auch bei uns afrikanische Zustände, ohne soziales
Sicherheitsnetz, ohne Infrastruktur, ohne Gesundheits- und Bildungssysteme,
aber dafür mit Arbeitsbedingungen, unter denen die Menschen nicht viel besser
leben als Knechte oder Sklaven.
Aber, und das ist das Entscheidende: Europas Zukunft liegt nicht nur im
negativen Sinne in Afrika, sondern auch im positiven. Würde Europa von einer
Politik des Raubbaus und der Plünderung zu einer Politik des Aufbaus und der
Entwicklung übergehen und sich - ganz im Sinne des Westfälischen Friedens,
demzufolge die Außenpolitik auf das Wohl der anderen Seite ausgerichtet sein
muß - darauf konzentrieren, das Elend Afrikas und Südeuropas durch große
Aufbauprogramme zu überwinden, dann wäre das nicht nur das beste Mittel, den
Flüchtlingsstrom aus Afrika versiegen zu lassen, weil es keinen Anlaß mehr zur
Flucht gäbe, es würde auch für uns einen Wirtschaftsaufschwung in Gang setzen,
wie wir ihn seit den Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders nicht mehr erlebt
haben.
Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist das Transaqua-Projekt, dessen
Hauptaspekt ein rund 2400 km langer Kanal ist, der Wasser aus dem Becken des
Kongo in die nördlich davon gelegene Tschadsenke leiten und so den derzeit
austrocknenden Tschadsee wieder auffüllen würde. Das Austrocknen dieses Sees
ist nicht bloß eine „ökologische“ Katastrophe, es verwandelt den Lebensraum
von 50 Millionen Menschen nach und nach in eine Wüste. Durch den Bau des
Kanals würde nicht nur diese Katastrophe verhindert, er würde die Lage in der
Region drastisch verbessern: Es stünde dann nicht nur ausreichend Wasser zur
Verfügung, sondern auch elektrischer Strom für die ganze Region, die dann
infrastrukturell mit dem übrigen Afrika und der Welt verbunden wäre.
Darüberhinaus würde das regionale Klima erträglicher und die Landschaft
fruchtbarer.
Es spricht Bände über den moralischen und intellektuellen Bankrott der
derzeitigen europäischen Führung, daß die EU-Kommission am 16. August in ihrer
Antwort auf eine Anfrage der EU-Abgeordneten Cristiana Muscardini zu diesem
Projekt erklärte, es bestünden „wegen großer Umweltrisiken“ große Bedenken
dagegen. Die EU schützt lieber die Wüste als die Menschen.
Wie gesagt, Europas Zukunft liegt in Afrika. Welche Zukunft wählen Sie?
Eine des Hungers und des Elends, oder eine des Wohlstands und der Entwicklung?
Wenn Sie Aufbau und Entwicklung vorziehen, dann sollten Sie mithelfen, dies
auch politisch durchzusetzen. Schließen Sie sich uns an!