"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

Limes-Politik macht das Mittelmeer zum Massengrab

Die Flüchtlingstragödie von Lampedusa ist die Folge einer Politik, die ein Massensterben bewußt in Kauf nimmt.

Schon vor über einem Jahrzehnt, im Dezember 2002, sprach Lyndon LaRouche davon, daß das anglo-holländische Finanzempire mit den Methoden des „Limes“, des Grenzwalls des antiken Römischen Reiches, einen „vorsätzlichen Völkermord“ betreibe. An diese Aussage fühlt man sich erinnert, wenn man an die Hunderte von Afrikanern denkt, die kürzlich bei dem verzweifelten Versuch, die italienische Insel Lampedusa zu erreichen, jämmerlich ertrunken sind.

Der Limes sollte verhindern, daß das Römische Reich von den „Barbaren“ aus dem armen, rückständigen Norden überschwemmt wurde. Heute richtet sich die Limes-Politik gegen die Bevölkerung des Südens, und sie wird weltweit verfolgt. Die Verfechter dieser mörderischen Politik, die sich in der Finanzwelt und den ihr loyalen Regierungen fest eingenistet haben, schreiben ganze Teile der Welt in Afrika, im Nahen Osten, in Südamerika, der Karibik und Asien einfach ab und wollen sie durch systematische wirtschaftliche Zerstörung, Drogenlegalisierung und endlose Kriege entvölkern.

Diese bösartige, imperiale Weltsicht kam am 12. Oktober in einem Kommentar im Londoner Economist, dem Sprachrohr der City, zum Ausdruck; dort hieß es zu der Tragödie von Lampedusa: „Das Treibgut einer ruinierten Welt wird regelmäßig an die Küsten Südeuropas gespült.“ Menschen, die vor verzweifelten Lebensverhältnissen fliehen, nicht mehr als „Treibgut“? Aber genau das ist die Methode hinter den feigen Entscheidungen der Verantwortlichen in Europa und Amerika.

Lampedusa

In den ersten neun Monaten dieses Jahres trafen nach Angaben der UN-Flüchtlingskommission 30.000 Migranten in Italien und Malta ein - ein starker Anstieg gegenüber 15.000 im gesamten Jahr 2012. Der größte Teil kommt aus Somalia und Eritrea, andere aus Syrien, Ägypten, Pakistan und in geringerer Zahl aus Gambia, Mali, Afghanistan und anderen Staaten. Der Londoner Guardian berichtete am 14. Oktober, die Zahl der Migranten, die an der italienischen Küste landeten, habe sich allein zwischen dem 1. Juli und dem 10. August verdoppelt.

Eine der wichtigsten Stationen auf der gefährlichen Reise von Afrika nach Europa, vor allem von Tunesien aus, ist die kleine, Sizilien vorgelagerte Insel Lampedusa. Der Name dieser Insel ist inzwischen mit dem Bild ertrinkender Afrikaner verbunden, weil immer wieder mit Flüchtlingen überladene Schiffe kentern. Der dramatischste dieser Vorfälle ereignete sich am 3. Oktober, als 339 Afrikaner, vor allem Eritreer, die sich in Libyen eingeschifft hatten, ums Leben kamen, nachdem ihr Schiff in Brand geraten war. In diesem Fall war die Zahl der Todesopfer besonders hoch, dennoch ist es nur einer von vielen solchen Fällen. Schon in der Woche danach, am 11. Oktober, ertranken etwa 30 weitere Flüchtlinge, als ihr Boot sank.

Um das Maß des Schreckens voll zu machen, hat die italienische Staatsanwaltschaft die Flucht vor Hunger, Armut und Krieg zum Verbrechen erklärt und betreibt gegen die Überlebenden des jüngsten Unglücks ein Strafverfahren wegen illegaler Einwanderung, was mit Geldbußen bis 5000 Euro geahndet wird. Auch jeder, der einen Immigranten auf See rettet, kann gerichtlich verfolgt werden!

Deshalb wurden EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Italiens Premierminister Enrico Letta, als sie Mitte Oktober Lampedusa besuchten, von einer empörten Menge mit Rufen wie „Schande!“ und „Mörder!“ empfangen. „Die sollten sich schämen! Sie sollten dieses humanitäre Problem lösen“, riefen die Bewohner der Insel. „Wir leben seit 20 Jahren damit. Wir haben genug vom Tod! Die italienischen und EU-Politiker haben diese Toten auf dem Gewissen!“

Der Papst interveniert

Papst Franziskus, der seine erste Reise im Amt bewußt nach Lampedusa unternommen hatte, nannte den Tod der Flüchtlinge eine Schande und erklärte: „Nur eine entschlossene Zusammenarbeit aller kann helfen, zu verhindern, daß so etwas wieder geschieht.“ Während einer Reise nach Assisi sagte der Papst am 4. Oktober bei einem Treffen mit Bedürftigen:

    „Viele von euch sind von dieser erbarmungslosen Welt ausgeraubt worden, in der es keine Arbeit gibt, in der es keine Hilfe gibt; der es gleichgültig ist, ob es auf der Welt Kinder gibt, die verhungern; der es gleichgültig ist, daß viele Familie nichts zu essen haben und denen die Würde fehlt, ihre Familie ernähren zu können; der es gleichgültig ist, daß viele Menschen auf der Flucht sind vor Sklaverei und Hunger und daß sie flüchten müssen, um Freiheit zu suchen. Mit wie viel Schmerz sehen wir, daß sie dabei manchmal sogar den Tod finden, wie erst gestern wieder in Lampedusa: Heute ist ein Tag der Tränen!“

Mit seiner Reise nach Lampedusa Anfang Juli hatte Papst Franziskus seine Solidarität mit den Einwanderern demonstriert, die dort unter schrecklichen Bedingungen ihr Leben fristen. In einer Messe für 15.000 Menschen dieser Insel klagte der Papst: „Die Wohlstandskultur, die uns dazu bringt, an uns selbst zu denken, macht uns unempfindlich gegen die Schreie der anderen; sie läßt uns in Seifenblasen leben, die schön, aber nichts sind, die eine Illusion des Nichtigen, des Flüchtigen sind, die zur Gleichgültigkeit gegenüber den anderen führen, ja zur Globalisierung der Gleichgültigkeit.“

Er berichtete: „Als ich vor einigen Wochen diese Nachricht hörte, die sich leider sehr oft wiederholte, drangen die Gedanken immer wieder wie ein Leid bringender Stich ins Herz.“

Oase statt Friedhof!

Der Regierungschef von Malta, Joseph Muscat, erklärte nach der erneuten Flüchtlingstragödie vom 11. Oktober: „Wie die Dinge liegen, schaffen wir in unserem Mittelmeer einen Friedhof.“ Muscat ist verzweifelt über die Flüchtlingspolitik der EU und fordert: „Die Regeln müssen geändert werden. Es geht gar nicht darum, ob sie schärfer oder lockerer sind; Tatsache ist, daß das ganze nicht mehr funktioniert und daß es in Ordnung gebracht werden muß.“

Dieser Ausweg kann nur in einer Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik liegen. Auf dem afrikanischen Kontinent müssen lebensrettende Infrastruktur, Landwirtschaft und Industrie aufgebaut werden. Die LaRouche-Bewegung und auch andere Institutionen haben seit Jahrzehnten immer wieder Vorschläge für eine solche Wirtschaftsentwicklung vorgelegt. Aber alle diese Vorschläge wurden unter irgendwelchen finanziellen oder ökologischen Vorwänden abgelehnt.

Am 17. Juli stellte die Europaabgeordnete Cristina Muscardini dazu eine Anfrage an das Entwicklungskommissariat der EU. Sie bezieht sich darin auf die verheerende Lage der Bevölkerung und das Massensterben in der Sahelregion infolge von Hunger, Krieg und Vertreibung sowie auf das in Italien ausgearbeitete Infrastrukturprojekt „Transqua“. Dieses Projekt war 1972 als Ansatz zur Überwindung des Wassermangels in Afrika, einer der wichtigsten Ursachen der Krise, entwickelt worden. Muscardini fragte die Kommission:

    „1. Ist das Wassertransferprojekt ,Transaqua’ der Kommission bekannt?

    2. Ist die abgespeckte Version des Projekts inzwischen in Gang, und - wenn dies der Fall ist - wie weit ist es vorangekommen?

    3. Warum wurde das Transaqua-Projekt nicht in Erwägung gezogen?“

Am 16. August antwortete EU-Entwicklungskommissar Andris Piebalgs:

    „Das Wassertransferprojekt vom Ubangi zum Tschadsee (Transaqua) ist der EU bekannt. Vorläufige Untersuchungen zeigen jedoch, daß dieses Projekt größere Umweltrisiken mit sich brächte.“ Die EU prüfe „32 Vorschläge“, so Piebalgs, und man könnte mit EU-Entwicklungsgeldern „einen Beitrag zum Schutz des Tschadsees“ leisten.

    Der geistige Vater des Transaqua-Projektes, Marcello Vichi, kommentierte diese Stellungnahme der EU: Angebliche „Umweltschützer“ hätten behauptet, der Transaqua-Kanal würde Wildtiere daran hindern, sich im Gebiet des Kongo frei zu bewegen. „Das ist so, als hätte man beim Bau der Nord-Süd-Autobahn, die in den 1950er Jahren in Italien gebaut wurde, gesagt: „Hört auf damit, ihr teilt Italien in zwei Hälften!“ Besonders empörend sei es, daß sogenannte Umweltschützer immer am eifrigsten „die Natur in der Heimat anderer Menschen verteidigen“.

eir