Limes-Politik macht das Mittelmeer zum Massengrab
Die Flüchtlingstragödie von Lampedusa ist die Folge einer
Politik, die ein Massensterben bewußt in Kauf nimmt.
Schon vor über einem Jahrzehnt, im Dezember 2002, sprach Lyndon LaRouche
davon, daß das anglo-holländische Finanzempire mit den Methoden des „Limes“,
des Grenzwalls des antiken Römischen Reiches, einen „vorsätzlichen Völkermord“
betreibe. An diese Aussage fühlt man sich erinnert, wenn man an die Hunderte
von Afrikanern denkt, die kürzlich bei dem verzweifelten Versuch, die
italienische Insel Lampedusa zu erreichen, jämmerlich ertrunken sind.
Der Limes sollte verhindern, daß das Römische Reich von den „Barbaren“ aus
dem armen, rückständigen Norden überschwemmt wurde. Heute richtet sich die
Limes-Politik gegen die Bevölkerung des Südens, und sie wird weltweit
verfolgt. Die Verfechter dieser mörderischen Politik, die sich in der
Finanzwelt und den ihr loyalen Regierungen fest eingenistet haben, schreiben
ganze Teile der Welt in Afrika, im Nahen Osten, in Südamerika, der Karibik und
Asien einfach ab und wollen sie durch systematische wirtschaftliche
Zerstörung, Drogenlegalisierung und endlose Kriege entvölkern.
Diese bösartige, imperiale Weltsicht kam am 12. Oktober in einem Kommentar
im Londoner Economist, dem Sprachrohr der City, zum Ausdruck; dort hieß
es zu der Tragödie von Lampedusa: „Das Treibgut einer ruinierten Welt wird
regelmäßig an die Küsten Südeuropas gespült.“ Menschen, die vor verzweifelten
Lebensverhältnissen fliehen, nicht mehr als „Treibgut“? Aber genau das ist die
Methode hinter den feigen Entscheidungen der Verantwortlichen in Europa und
Amerika.
Lampedusa
In den ersten neun Monaten dieses Jahres trafen nach Angaben der
UN-Flüchtlingskommission 30.000 Migranten in Italien und Malta ein - ein
starker Anstieg gegenüber 15.000 im gesamten Jahr 2012. Der größte Teil kommt
aus Somalia und Eritrea, andere aus Syrien, Ägypten, Pakistan und in
geringerer Zahl aus Gambia, Mali, Afghanistan und anderen Staaten. Der
Londoner Guardian berichtete am 14. Oktober, die Zahl der Migranten,
die an der italienischen Küste landeten, habe sich allein zwischen dem 1. Juli
und dem 10. August verdoppelt.
Eine der wichtigsten Stationen auf der gefährlichen Reise von Afrika nach
Europa, vor allem von Tunesien aus, ist die kleine, Sizilien vorgelagerte
Insel Lampedusa. Der Name dieser Insel ist inzwischen mit dem Bild
ertrinkender Afrikaner verbunden, weil immer wieder mit Flüchtlingen
überladene Schiffe kentern. Der dramatischste dieser Vorfälle ereignete sich
am 3. Oktober, als 339 Afrikaner, vor allem Eritreer, die sich in Libyen
eingeschifft hatten, ums Leben kamen, nachdem ihr Schiff in Brand geraten war.
In diesem Fall war die Zahl der Todesopfer besonders hoch, dennoch ist es nur
einer von vielen solchen Fällen. Schon in der Woche danach, am 11. Oktober,
ertranken etwa 30 weitere Flüchtlinge, als ihr Boot sank.
Um das Maß des Schreckens voll zu machen, hat die italienische
Staatsanwaltschaft die Flucht vor Hunger, Armut und Krieg zum Verbrechen
erklärt und betreibt gegen die Überlebenden des jüngsten Unglücks ein
Strafverfahren wegen illegaler Einwanderung, was mit Geldbußen bis 5000 Euro
geahndet wird. Auch jeder, der einen Immigranten auf See rettet, kann
gerichtlich verfolgt werden!
Deshalb wurden EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Italiens
Premierminister Enrico Letta, als sie Mitte Oktober Lampedusa besuchten, von
einer empörten Menge mit Rufen wie „Schande!“ und „Mörder!“ empfangen. „Die
sollten sich schämen! Sie sollten dieses humanitäre Problem lösen“, riefen die
Bewohner der Insel. „Wir leben seit 20 Jahren damit. Wir haben genug vom Tod!
Die italienischen und EU-Politiker haben diese Toten auf dem Gewissen!“
Der Papst interveniert
Papst Franziskus, der seine erste Reise im Amt bewußt nach Lampedusa
unternommen hatte, nannte den Tod der Flüchtlinge eine Schande und erklärte:
„Nur eine entschlossene Zusammenarbeit aller kann helfen, zu verhindern, daß
so etwas wieder geschieht.“ Während einer Reise nach Assisi sagte der Papst am
4. Oktober bei einem Treffen mit Bedürftigen:
„Viele von euch sind von dieser erbarmungslosen Welt ausgeraubt worden, in
der es keine Arbeit gibt, in der es keine Hilfe gibt; der es gleichgültig ist,
ob es auf der Welt Kinder gibt, die verhungern; der es gleichgültig ist, daß
viele Familie nichts zu essen haben und denen die Würde fehlt, ihre Familie
ernähren zu können; der es gleichgültig ist, daß viele Menschen auf der Flucht
sind vor Sklaverei und Hunger und daß sie flüchten müssen, um Freiheit zu
suchen. Mit wie viel Schmerz sehen wir, daß sie dabei manchmal sogar den Tod
finden, wie erst gestern wieder in Lampedusa: Heute ist ein Tag der
Tränen!“
Mit seiner Reise nach Lampedusa Anfang Juli hatte Papst Franziskus seine
Solidarität mit den Einwanderern demonstriert, die dort unter schrecklichen
Bedingungen ihr Leben fristen. In einer Messe für 15.000 Menschen dieser Insel
klagte der Papst: „Die Wohlstandskultur, die uns dazu bringt, an uns selbst zu
denken, macht uns unempfindlich gegen die Schreie der anderen; sie läßt uns in
Seifenblasen leben, die schön, aber nichts sind, die eine Illusion des
Nichtigen, des Flüchtigen sind, die zur Gleichgültigkeit gegenüber den anderen
führen, ja zur Globalisierung der Gleichgültigkeit.“
Er berichtete: „Als ich vor einigen Wochen diese Nachricht hörte, die sich
leider sehr oft wiederholte, drangen die Gedanken immer wieder wie ein Leid
bringender Stich ins Herz.“
Oase statt Friedhof!
Der Regierungschef von Malta, Joseph Muscat, erklärte nach der erneuten
Flüchtlingstragödie vom 11. Oktober: „Wie die Dinge liegen, schaffen wir in
unserem Mittelmeer einen Friedhof.“ Muscat ist verzweifelt über die
Flüchtlingspolitik der EU und fordert: „Die Regeln müssen geändert werden. Es
geht gar nicht darum, ob sie schärfer oder lockerer sind; Tatsache ist, daß
das ganze nicht mehr funktioniert und daß es in Ordnung gebracht werden
muß.“
Dieser Ausweg kann nur in einer Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik
liegen. Auf dem afrikanischen Kontinent müssen lebensrettende Infrastruktur,
Landwirtschaft und Industrie aufgebaut werden. Die LaRouche-Bewegung und auch
andere Institutionen haben seit Jahrzehnten immer wieder Vorschläge für eine
solche Wirtschaftsentwicklung vorgelegt. Aber alle diese Vorschläge wurden
unter irgendwelchen finanziellen oder ökologischen Vorwänden abgelehnt.
Am 17. Juli stellte die Europaabgeordnete Cristina Muscardini dazu eine
Anfrage an das Entwicklungskommissariat der EU. Sie bezieht sich darin auf die
verheerende Lage der Bevölkerung und das Massensterben in der Sahelregion
infolge von Hunger, Krieg und Vertreibung sowie auf das in Italien
ausgearbeitete Infrastrukturprojekt „Transqua“. Dieses Projekt war 1972 als
Ansatz zur Überwindung des Wassermangels in Afrika, einer der wichtigsten
Ursachen der Krise, entwickelt worden. Muscardini fragte die Kommission:
„1. Ist das Wassertransferprojekt ,Transaqua’ der Kommission bekannt?
2. Ist die abgespeckte Version des Projekts inzwischen in Gang, und - wenn
dies der Fall ist - wie weit ist es vorangekommen?
3. Warum wurde das Transaqua-Projekt nicht in Erwägung gezogen?“
Am 16. August antwortete EU-Entwicklungskommissar Andris Piebalgs:
„Das Wassertransferprojekt vom Ubangi zum Tschadsee (Transaqua) ist der EU
bekannt. Vorläufige Untersuchungen zeigen jedoch, daß dieses Projekt größere
Umweltrisiken mit sich brächte.“ Die EU prüfe „32 Vorschläge“, so Piebalgs,
und man könnte mit EU-Entwicklungsgeldern „einen Beitrag zum Schutz des
Tschadsees“ leisten.
Der geistige Vater des Transaqua-Projektes, Marcello Vichi, kommentierte
diese Stellungnahme der EU: Angebliche „Umweltschützer“ hätten behauptet, der
Transaqua-Kanal würde Wildtiere daran hindern, sich im Gebiet des Kongo frei
zu bewegen. „Das ist so, als hätte man beim Bau der Nord-Süd-Autobahn, die in
den 1950er Jahren in Italien gebaut wurde, gesagt: „Hört auf damit, ihr teilt
Italien in zwei Hälften!“ Besonders empörend sei es, daß sogenannte
Umweltschützer immer am eifrigsten „die Natur in der Heimat anderer Menschen
verteidigen“.
eir