"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

China durchkreuzt die Politik des Empire in Afrika

Von Douglas DeGroot

50 Jahre nach der Afrikareise von Zhou Enlai besuchte Chinas Premierminister Li Keqiang den Kontinent und machte weitreichende Angebote, besonders für den Infrastrukturausbau.

Chinas Premierminister Li Kequiang hat bei seinem jüngsten Besuch in vier maßgeblichen afrikanischen Staaten die optimistische Vision einer industriellen und infrastrukturellen Entwicklung des Kontinents mit chinesischer Hilfe heraufbeschworen. Seine Reise begann am 4. Mai in Äthiopien und endete am 11. Mai in Kenia, dazwischen besuchte er Nigeria, Chinas drittgrößten Handelspartner in Afrika, sowie den größten afrikanischen Handelspartner Chinas, Angola.

Lis erster Besuch in Afrika seit seinem Amtsantritt im März 2013 war keine „Rohstoff-Einkaufstour“, sondern er warb für einen Ausbau der Industrie und der Infrastruktur mit wesentlicher chinesischer Beteiligung. Dies wird den Lebensstandard der Bevölkerung in Afrika anheben und steht damit im direkten Widerspruch zu der mörderischen Politik des globalen britischen Finanzempires, das Afrika für immer unterentwickelt halten und auf den Status des Rohstofflieferanten reduzieren will.

Im Hauptquartier der Afrikanischen Union im äthiopischen Addis Abeba betonte Li am 5. Mai, China wolle den Traum wahrmachen, alle Hauptstädte Afrikas durch Hochgeschwindigkeitsbahnen miteinander zu verbinden, um so die panafrikanische Kommunikation und Entwicklung voranzutreiben. China habe weltweit führende Technologien in diesem Bereich entwickelt und sei bereit, mit Afrika zusammen daran arbeiten, daß dieser Traum Wirklichkeit wird. Wer behaupte, so etwas sei utopisch, der irre sich, denn mit chinesischer Hilfe sei dieses Ziel sehr wohl erreichbar.

Im Verlauf von Lis Afrikareise wurden etliche Abkommen mit den Gastgeberländern im Sinne dieser Entwicklungsperspektive unterzeichnet. Li war in Begleitung einer 129köpfigen Delegation.

Es ist das erste Mal, daß ein führendes Land der Erde sich ernsthaft bemüht, eine rasche industrielle und infrastrukturelle Entwicklung Afrikas in Gang zu setzen, so wie es der amerikanische Staatsmann Lyndon LaRouche seit Jahrzehnten fordert. Dies begann damit, daß LaRouche 1979 eine Studie ausarbeiten ließ, in der die wichtigsten Elemente eines solchen schnellen Infrastrukturaufbaus beschrieben wurden: ein kontinentales Eisenbahnnetz, ehrgeizige Wasserprojekte sowie Nutzung von Kernkraft, alles als unverzichtbare Voraussetzungen für „Die Industrialisierung Afrikas“ (so lautete der Titel der Studie).

Bis zur Ermordung von Präsident John F. Kennedy hatten auch US-Regierungen einen ähnlichen Ansatz, aber seither hat kein amerikanischer Präsident mehr bedeutende Schritte in dieser Richtung unternommen. Die von Li beschriebene Perspektive, die nahtlos mit Chinas Bahnprojekten in anderen Teilen der Welt zusammenpaßt (siehe dazu den Artikel in dieser Ausgabe), ist eine Bedrohung für die Pläne des Empire in Afrika. Chinas Methoden der eigenständigen staatlichen Finanzierung für seine Aufbauprogramme macht das Land immun gegen die üblichen Versuche der bankrotten, westlich dominierten Institutionen Weltwährungsfonds und Weltbank, ihre Verwirklichung zu verhindern.

Kerrys Besuch – ein krasser Gegensatz zu Li

Unmittelbar vor Lis Besuch hatte auch John Kerry seine erste Visite als US-Außenminister in Afrika unternommen. Kerry reiste wegen des Bürgerkriegs im Südsudan nach Äthiopien, auf dem Rückweg machte er kurz halt in der Demokratischen Republik Kongo und in Angola. In Kongo bot er mehrere Millionen Dollar Unterstützung für die Durchführung der kommenden Wahlen an, jedoch nur unter Bedingungen. Weder für den Südsudan noch für Kongo hatte Kerry irgendwelche Entwicklungsvorhaben anzubieten, welche die Lage in diesen beiden sehr armen Ländern verbessern würden.

Die Gründung des neuen Staates Südsudan geht faktisch auf die USA zurück, aber schon bald nach Kerrys Abreise wurden beide Konfliktparteien dort mit Sanktionen belegt. Daraufhin kam es zu einem kurzen Waffenstillstand, der jedoch bald wieder gebrochen wurde. Dort leben mehr als eine Million Flüchtlinge, und das Land leidet unter schrecklichen Bedingungen, es droht eine Hungersnot. Die inneren Probleme des neuen Staates waren von Anfang an vorhersehbar, aber die USA, sein „Geburtshelfer“, tun nichts wesentliches, um die Voraussetzungen für eine stabile Entwicklung zu schaffen.

China hat in Afrika den ehemals industrialisierten USA schon 2009 den Rang als größter Handelspartner des Kontinents abgelaufen. Chinas Afrikahandel macht zwar nur etwa 5% seines gesamten Außenhandels aus, aber schon dies bietet Afrika einen Ausweg aus der Falle der ewigen Rückständigkeit, in der das Empire Afrika gefangen halten will.

Chinas Abkommen mit Nigeria

Am selben Tag - dem 5. Mai -, an dem Li in seiner Rede vor der Afrikanischen Union den Bau eines gesamtafrikanischen Eisenbahnnetzes vorschlug, unterzeichnete der staatliche Bahnbaukonzern China Railway Construction Corp. (CRCC) mit dem nigerianischen Verkehrsministerium ein 13 Mrd.-$-Abkommen über den Bau einer Schnellbahn entlang der nigerianischen Küste. Es eines der größten Eisenbahnprojekte im Ausland, die China jemals vereinbart hat.

People’s Daily zitiert in dem Bericht darüber vom 10. Mai den Leiter des Eisenbahnamtes in Nigeria, das Unternehmen werde eine 1385 km lange einspurige Strecke für Züge mit einer Geschwindigkeit bis 120 km/h bauen. „Die Küstenbahn wird den Export der nigerianischen Ölprodukte fördern. Außerdem wird es als wichtiger Teil des westafrikanischen Eisenbahnnetzes die regionale Wirtschaftsentwicklung vorantreiben.“

Die neue Bahn wird nach den chinesischen Maßstäben für Spurweite (die gleiche wie in Deutschland) etc. gebaut werden, nicht mehr nach dem britisch-kolonialen Standard wie bisher bei den meisten Infrastrukturprojekten in Nigeria. People’s Daily zitiert den Vizechef der CCRC-Tochterfirma China Civic Engineering Construction Corp., Cao Baogang, dies sei nicht nur ein Beleg für die erfolgreiche Ansiedelung chinesischer Unternehmen, sondern auch für die gewachsene Stärke Chinas als Nation. „Wenn Unternehmen aus entwickelten Ländern in einen aufstrebenden Markt einsteigen wollen, dann müssen sie sich auf die Vorzugskredite stützen, die ihnen ihre Regierung gibt. Da Chinas nationale Stärke wächst, werden die Kredite der Exim-Bank Chinas bei den Verhandlungen ein Hebel sein, um chinesische Standards zu exportieren“, sagte Cao.

Das Projekt der nigerianischen Küstenbahn wird Arbeitsplätze für die Bevölkerung vor Ort schaffen. „Das ist ein Projekt, bei dem beide Seiten gewinnen. Es bietet China ein 4-Mrd.$-Geschäft für den Export von Anlagen. Gleichzeitig wird es unmittelbar 50.000 Arbeitsplätze und indirekt 150.000 Arbeitsplätze auf dem lokalen Markt schaffen, was für Nigeria wichtig ist, weil die Arbeitslosigkeit hoch ist“, sagte der Präsident der CRCC, Zhang Zongyan.

In seiner Rede vor dem Afrika-Weltwirtschaftsforum in der nigerianischen Hauptstadt Abuja wiederholte Li sein Angebot, mit chinesischer Finanzhilfe und ohne politische Vorbedingungen alle afrikanischen Großstädte durch Hochgeschwindigkeitsbahnen miteinander zu verbinden. China Daily zitiert ihn, dies sei im beiderseitigen Interesse: „Die Geschichte und die Realität machen allen klar: Chinas Entwicklung eröffnet Afrika neue Chancen - Afrika entwickelt sich, und auch China profitiert davon.“ Li erinnerte an den traurigen Zustand, daß Afrika zwar 23% der Landfläche der Welt, aber nur 7% der Eisenbahnen hat, und daß es in 13 afrikanischen Ländern gar keine Eisenbahnen gibt.

Li kündigte an, daß China und die afrikanischen Länder gemeinsam Forschungs- und Entwicklungszentren für Schnellbahn-Technologie aufbauen und bei Planung, Bau und Betrieb zusammenarbeiten werden. China werde auch helfen, in Afrika Autobahnen und Flughäfen zu bauen. Dafür wird China zusätzlich zu den schon bereitgestellten 20 Mrd.$ eine 10-Mrd.$-Kreditlinie für Afrika schaffen, und es wird auch den China-Afrika-Entwicklungsfonds um 2 Mrd.$ auf dann 5 Mrd.$ aufstocken.

Lis Reise

Vor Lis Abreise hatten die chinesischen Medien einen Regierungssprecher zitiert, die Ziele der Reise seien hoch gesteckt und es gehe u.a. um Abkommen über finanzielle Hilfen zur Entwicklung. Vor 50 Jahren hatte der damalige chinesische Premierminister Zhou Enlai seine historische Afrikareise unternommen, als er von Dezember 1963 bis Januar 1964 zehn afrikanische Staaten besuchte. Präsident Xi Jinping hatte im März 2013 seine erste Auslandsreise nach Afrika gemacht, wo er für den Zeitraum 2013-15 Kredite über 20 Mrd.$ anbot. Es folgt noch ein Überblick über Lis Reise und Abkommen in den einzelnen Ländern.

  • Äthiopien: Am Tag seines Eintreffens, dem 4. Mai, traf Li Ministerpräsident Hailemariam Desalegn, und die beiden unterzeichneten 16 bilaterale Kooperationsabkommen. China hat in den letzten Jahren in Äthiopien mehr als 1 Mrd.$ investiert. Die äthiopische Regierung schätzt, daß die chinesische Hilfe und Zusammenarbeit im letzten Jahrzehnt mehr als 300.000 Arbeitsplätze im Land geschaffen haben.

    Nach dem Treffen mit Desalegn betonte Li: „Das Schicksal Chinas und Afrikas ist eng miteinander verknüpft. Wir haben uns im Kampf um unsere Unabhängigkeit gegenseitig unterstützt. Und im Zuge der nationalen Entwicklung haben wir uns immer als Gleiche behandelt.“

    Desalegn antwortete: „Unsere Beziehung ist eine strategische Beziehung, und das nicht nur für ein oder zwei oder ein paar Jahre. Es ist eine strategische Beziehung. Sie wächst mit der Zeit und wird von Tag zu Tag stärker, und wir wollen diese Beziehung zwischen unseren beiden Ländern nähren und ausweiten.“

    Chinas Handelsminister Gao Hucheng sagte am folgenden Tag in Addis Abeba, Lis Besuch werde die chinesisch-afrikanischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit mehr Leben erfüllen. Der Bau von Infrastruktur zur Verbesserung der Verbindungen zwischen den Regionen sei wesentlich für die wirtschaftliche Integration Afrikas. China wolle seine Wettbewerbsvorteile nutzen, um die Zusammenarbeit im Bereich Straßen, Eisenbahnen, Häfen, Luftfahrt, Elektrizität und Kommunikation auszuweiten, und Lis Besuch ziele darauf ab, solche Projekte voranzutreiben.

    Gao fuhr fort, diese von China unterstützte Entwicklung werde die Ansiedelung chinesischer Betriebe in Afrika erleichtern, Wachstum und Wohlstand „Made in Africa“ fördern und Investitionen zum Dreh- und Angelpunkt von engeren, inklusiveren und nachhaltigeren Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und Afrika machen.

    Für den Bereich der finanziellen Kooperation kündigte Li die Erhöhung der Kredite für afrikanische Länder um 10 Mrd.$ und die Ausweitung des Entwicklungsfonds auf 5 Mrd.$ an.

    Lis Zielsetzungen stehen im krassen Gegensatz zur Politik des Empires; er sagte, China wolle seinen afrikanischen Freunden auch weiterhin dabei helfen, ihren Lebensstandard zu steigern, u.a. durch Verbesserungen in Landwirtschaft, Medizin, Umwelt und Bildung. Freundschaft, schnelles Wirtschaftswachstum und gegenseitige Vorteile seien die Säulen der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen in einer neuen Ära.

    Li wies auf das schnelle Wachstum des bilateralen Handels zwischen China und Afrika in den letzten Jahren hin. Das Ziel sei nun, das Handelsvolumen von 210 Mrd.$ 2013 auf 400 Mrd.$ 2020 zu erhöhen. Gao erklärte, China sei seit fünf Jahren Afrikas größter Außenhandelspartner. Das schnelle Anwachsen der zwischen beiden Seiten vertraglich vereinbarten Projekte habe Afrika inzwischen zu Chinas zweitgrößtem Auftraggeber in Übersee gemacht.

    Besonders hob Li Chinas Absicht hervor, in den kommenden Jahren verstärkt Techniker und Manager aus Afrika auszubilden; dafür werde China 18.000 staatliche Stipendien vergeben und 30.000 Fachkräfte ausbilden. Er sagte auch Hilfe bei den Sicherheitsproblemen in Afrika zu.

  • Nigeria: Während seines Besuchs in Nigeria, dem drittgrößten Handelspartner Chinas in Afrika, sagte Premier Li, er wolle die chinesischen Investitionen in Afrika insgesamt vervierfachen. Er sprach in Nigeria davon, neue Bereiche der Zusammenarbeit zu erschließen, wie z.B. der Luft- und Raumfahrt. In Bezug auf die Angriffe der dschihadistischen Terrorgruppe Boko Haram auf die Regierung und die Stabilität des Landes versprach Li, Nigeria Informationen chinesischer Satelliten und Geheimdienste zur Verfügung zu stellen.

  • Angola: Mit seinem größten Handelspartner in Afrika - Angola ist der zweitgrößte Öllieferant Chinas - schloß Li Finanzierungs- und Produktionsabkommen. Er unterzeichnete eine Absichtserklärung mit chinesischen Unternehmen für den Bau großer Infrastrukturprojekte. In Angola leben 258.000 Chinesen, die dort für chinesische Unternehmen arbeiten, welche im Auftrag der angolanischen Regierung tätig sind.

    In einem Interview mit der angolanischen Presseagentur sagte der angolanische Botschafter in China, Garcia Bires, vor Lis Reise, zu der bilaterale Zusammenarbeit der beiden Länder gehöre auch die Präsenz verschiedener chinesischer Unternehmen, die in Aufbau- und Entwicklungsprojekten tätig sind. Dank dieser Projekte seien in bisher unerschlossenen Regionen Angolas Dörfer und moderne Städte entstanden, früher problematische Straßen seien heute Autobahnen, und in allen Teilen Angolas werde Infrastruktur aufgebaut.

  • Kenia: Li ließ sich bei seiner Ankunft bedenkenlos von Präsident Uhuru Kenyatta und Vizepräsident William Ruto begrüßen, obwohl beide vom Internationalen Strafgerichtshof, einem Werkzeug des Empire, heftig angegriffen werden.

    Vorher hatte Kenyatta gesagt, Lis Besuch werde die bilateralen Beziehungen grundlegend verändern und sei wesentlich für die Entwicklung der Nationen im Osten Afrikas. China führt inzwischen bei den ausländischen Direktinvestitionen in Kenia, u.a. finanziert es 90% des ersten Abschnitts einer 3,6 Mrd.$ teuren Eisenbahnverbindung vom Hafen Mombasa nach Nairobi. Auch dies wird eine Normalspurbahn sein, die das britisch-koloniale Modell ablöst. Die Eisenbahn soll über Nairobi hinaus verlängert werden und nach ihrer Fertigstellung Uganda und Ruanda mit dem Meer verbinden. Bei der Unterzeichnung des Abkommens waren neben Präsident Kenyatta und Premierminister Li auch die Präsidenten von Ruanda, Paul Kagame, Uganda, Yoweri Museveni, und Südsudan, Salva Kiir, anwesend.

    In Kenia wurde vor zwei Jahren die erste ausländische Station der chinesischen Fernsehsenderkette CCTV aufgebaut, deren Mitarbeiter Li vor seiner Rückreise nach China besuchte.