BRICS-Entwicklungsbank bietet Afrika eine Alternative
Von Lawrence Freeman
Beim USA-Afrika-Gipfel zeigte sich der Kontrast zwischen den
Freihandelszielen der US-Regierung und dem Wunsch der afrikanischen Länder
nach Entwicklung.
Am ersten Tag des USA-Afrika-Gipfels in Washington erläuterte Südafrikas
Staatspräsident Jacob Zuma am 4. August vor dem Nationalen Presseclub auch die
Bedeutung der Neuen Entwicklungsbank (New Development Bank, NDB), die beim
Gipfeltreffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Rußland, Indien, China und
Südafrika) in Brasilien vom 14.-15. Juli gegründet wurde. Während die USA
unter Präsident Obama ausschließlich auf private Investitionen in Afrika
setzen, bietet die NDB eine echte Alternative für die Finanzierung von
Energie-, Wasser- und Verkehrsprojekten, die überall auf dem Kontinent
dringend gebraucht werden. Bei dem Gipfel mit fast 50 Staatsoberhäuptern
herrschte viel Interesse und Begeisterung über diese neue Entwicklungsbank,
über die sie Präsident Zuma und Vertreter der LaRouche-Bewegung
informierten.
Beim Empfang des Presseclubs wurde Zuma gebeten, die Ziele der NDB mit der
Arbeit des Weltwährungsfonds (IWF) und der Weltbank zu vergleichen. Er
antwortete, die beiden bestehenden Banken hätten den Entwicklungsländern nicht
erfolgreich bei der Entwicklung geholfen. Im Gegensatz zu diesen beiden
„älteren Institutionen“ seien die Neue Entwicklungsbank und der gleichzeitig
von der BRICS-Gruppe gegründete Devisenreservefonds von den
Entwicklungsländern selbst organisiert. „Es besteht ein allgemeiner Konsens,
daß die anderen Banken ihre Aufgaben nicht erfüllt haben“, sagte er. „Die
BRICS-Bank wird einen anderen Ansatz haben. Und mit ihr wird das Problem
vermieden, Banken retten zu müssen.“ Zuma betonte in seinen Ausführungen auch,
Südafrika sei fest entschlossen, daß die Armut für heute immer noch 16
Millionen Menschen in seinem Land bald „Geschichte“ sein soll.
Obama bietet Afrika keine Hilfe
Es war schon im Vorfeld klar, daß die Vereinigten Staaten bei dem
Gipfeltreffen keine neuen Programme anbieten würden, um die materiellen
Lebensbedingungen für die mehreren hundert Millionen Afrikaner, die von
weniger als zwei Dollar am Tag leben müssen, irgendwie zu verbessern. Als ein
Vertreter einer wichtigen afrikanischen Nation Präsident Obama fragte, was er
in seinem Budget konkret dafür eingeplant habe, lautete die Antwort:
Nichts.
Die meisten Teilnehmer verstanden sehr gut, daß Obama dieses Treffen für
seine persönliche Eitelkeit brauchte, damit er sagen kann: Ich bin der erste
amerikanische Präsident, der einen USA-Afrika-Gipfel veranstaltet hat. Die
afrikanischen Staats- und Regierungschefs wurden mit sanftem Druck überredet
und fühlten sich zur Teilnahme verpflichtet, auch wenn sie sich davon nicht
viel mehr als einen netten Fototermin versprachen. Die Regierung Obama
ihrerseits fühlte sich unter Druck, auf die dramatische Steigerung des Handels
zwischen China und Afrika sowie Chinas riesige Infrastruktur-Aufbauprogramme
auf dem Kontinent zu reagieren. Mehr als ein afrikanischer Staatsmann wies
darauf hin, daß Chinas Handel mit Afrika 2013 auf 210 Mrd. $ angewachsen ist,
der mit den USA aber nur 85 Mrd. $ betrug.
Während Präsident Obama und sein Außenministerium Chinas wirtschaftliches
Übergewicht in Afrika eher verhalten kritisieren, nahm seine berüchtigte
Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice kein Blatt vor den Mund. In der
Sendung Morning Edition im National Public Radio sagte sie:
„Chinas Engagement sieht typischerweise so aus, daß es Tausende von
chinesischen Arbeitern hereinbringt und Chinesen Straßen oder Gebäude bauen
läßt, statt Afrikanern Arbeitsplätze, Chancen und Kapazitätsaufbau zu bieten,
und das ist ein ganz klarer Unterschied zwischen der amerikanischen Methode
und der chinesischen Methode. Die amerikanische Methode ist nicht, einen
Haufen Ausländer hereinzuholen, die den Afrikanern ihre Arbeit wegnehmen,
sondern wirklich afrikanische Kapazitäten aufzubauen.“
In Wirklichkeit ist die Methode der Regierung Obama, gar nichts in
Afrika aufzubauen und nur die private Wirtschaft zu Investitionen, die bei
weitem nicht ausreichen, anzuhalten und dann zu behaupten: „Seht, so helfen
wir den Afrikanern!“ Einige Kommentatoren nannten Obamas Gipfeltreffen denn
auch eine bessere Werbeveranstaltung für Handelsgeschäfte - und noch dazu eine
teure, denn wenn sämtliche afrikanischen Staatschefs mit großen Delegationen
anreisen und Flugtickets, Unterkünfte und Transport in Washington bezahlt
werden müssen, dann kommt einiges zusammen.
Wie erwartet versprach Obama die Fortsetzung der Programme früherer
US-Regierungen: das unter Präsident Clinton geschaffene „Gesetz für Wachstum
und Chancen für Afrika“, Präsident George W. Bushs „Notplan des Präsidenten
für die AIDS-Hilfe“ (PEPFAR) zur Behandlung von AIDS-Patienten in Afrika
(allerdings mit reduzierten Geldmitteln) sowie Bushs „Millenium Challenge
Account“, ein begrenztes Programm für kleine Infrastrukturprojekte. Ansonsten
gab Obama nur bekannt, daß US-Konzerne neue Investitionen in Afrika in Höhe
von insgesamt 34 Mrd. $ zugesagt hätten, ohne dies näher auszuführen.
Das einzige, was Obama an wirklich neuen Ausgaben der USA in Afrika konkret
ankündigen konnte, waren 110 Mio. $ jährlich für Militärausbildung in Afrika
in den kommenden fünf Jahren. Verglichen mit anderen Ländern tun die USA sehr
wenig für Afrika, insbesondere für die Infrastruktur, und es ist vielen
Afrikanern - sowohl in Afrika als auch in den USA lebenden - nicht entgangen,
daß Obama nur mit viel Brimborium diese Tatsache vertuschen will.
Irgendwie zauberte er noch 12 Mrd. $ an privaten Investitionen und
Kreditgarantien für sein Programm „Power Africa“ aus dem Hut, das 60 Millionen
Afrikanern Stromanschluß verschaffen soll. Selbst wenn das Wirklichkeit werden
sollte, bleibt das immer noch weit hinter seinem Versprechen zurück, in Afrika
die Zahl der Haushalte mit Stromanschluß zu verdoppeln. Bisher leben immer
noch 600 Millionen Afrikaner ohne Strom.
Schließlich brachte Obama es noch zustande, die afrikanischen
Pressevertreter, die überall aus dem In- und Ausland angereist waren, zu
verärgern und zu beleidigen, indem er sie weit länger als eine Stunde auf
seine Pressekonferenz nach dem Gipfel warten ließ und dann nur eine einzige
Frage eines afrikanischen Journalisten beantwortete. Ein namhafter Journalist
beschwerte sich hinterher: „Wozu haben wir überhaupt die lange Reise hierher
gemacht?“
Afrika will und braucht Kernkraft
Auf der anderen Seite kam bei dem Afrika-Gipfel nicht nur die neue
BRICS-Bank zur Sprache, sondern auch die Forderung der afrikanischen Nationen,
im Rahmen des Aufbaus ihrer Stromversorgung auch Zugang zur Kernkraft zu
erhalten. Dies ist für die afrikanischen Staaten sehr wichtig, nachdem man hat
ihnen jahrelang einredete, Kernkraft wäre nichts für ihre Volkswirtschaften,
die wäre dafür „zu hoch“, für sie reichten weniger starke Energiequellen wie
die völlig ineffizienten sogenannten „Erneuerbaren“ wie Wind- und
Solarenergie.
Präsident Zuma beschrieb am 4. August in einer Rede vor der
US-Handelskammer die ehrgeizigen Zukunftspläne seines Landes. U.a.
unterstützte er den geplanten Nord-Süd-Eisenbahnkorridor von Durban in
Südafrika über Daressalam (Tansania) bis nach Kairo. Südafrika wolle in den
kommenden drei Jahren 840 Mrd. Rand in die Verkehrs- und Energieinfrastruktur
zu investieren, unter anderem auch in Kernkraft. Obwohl offenbar nicht alle
Mitglieder seiner Regierung von der Kernkraft überzeugt sind, sprach Zuma bei
dem bereits erwähnten Empfang auch über die Bedeutung der Kernenergie: Sie
könne dazu beitragen, „alle Energieprobleme des südlichen Afrika zu
lösen“.1 Südafrika unterstütze auch das Riesenprojekt des
Grand-Inga-Damms in der Demokratischen Republik Kongo, das dem Kontinent mehr
als 40.000 MW Strom liefern könnte.2
Auch Nigers Präsident Mahamadou Issoufou argumentierte am 5. August in
einer Rede vor dem German Marshall Fund nachdrücklich, daß sein Land die
Kernkraft brauche. In seinem exzellenten Vortrag beschrieb er, wie sein Land,
das in der Sahelzone liegt und zu 75% aus Wüste besteht, den Hunger überwinden
und Nahrungsmittelsicherheit herstellen will. Er erklärte seinen Zuhörern, die
Kernkraft sei neben der Wasserkraft die billigste Kraftquelle, Solarkraft
hingegen sei für sein Land viel zu teuer. Auf Nachfrage des Verfassers
bekräftigte Issoufou nochmals seine Unterstützung für die Kernkraft, den Bau
einer Ost-West-Eisenbahn (von Dschibuti nach Senegal) und die Wiederauffüllung
des Tschadsees.
Herausragende Staatsmänner und Gelehrte Afrikas fordern schon seit langem,
Atomkraft für ihre Wirtschaft zu nutzen. So sprach sich der senegalesische
Gelehrte Cheikh Anta Diop (1923-1996) in den sechziger und siebziger Jahren
dafür aus, die afrikanischen Volkswirtschaften mit Kernenergie und
Kernfusionsenergie zu versorgen, und er wollte Ausbildungszentren für
Afrikaner schaffen, damit sie lernen, diese Technik zu beherrschen (siehe
nebenstehenden Kasten).
Die visionslose Regierung Obama läßt sich natürlich nicht auf Diskussionen
über Kernspaltung, Kernfusion oder moderne Forschungszentren für Afrika ein.
Dagegen führt China, ein Gründungsmitglied der BRICS-Gruppe, die Welt jetzt
schon auf den Weg zur nächsthöheren Ebene der Energieflußdichte: Sein
Mondprogramm ist darauf ausgerichtet, die industrielle Förderung von Helium-3
auf dem Mond zu verwirklichen. Helium-3 ist als Brennstoff für die Kernfusion
noch weit besser geeignet als die Deuterium-Tritium-Reaktion, mit der Diop
sich seinerzeit befaßte.
Anmerkung
1. Siehe David Cherry und Ramasimong Phillip Tsokolibane, „Kernkraft bietet
Afrika ganz neue Perspektiven“, Neue Solidarität 31/2014.
2. Siehe „Der gewaltigste Staudamm der Welt“, Neue Solidarität
1-2/2014.