BRICS in Aktion: Südafrikas Präsident zu Gast in China
Präsident Zuma besuchte mit sieben Ministern und hundert
Wirtschaftsführern China, um gegenseitigen Handel und Investitionen weiter
auszubauen.
Der südafrikanische Staatspräsident Jacob Zuma unternahm auf Einladung von
Präsident Xi Jinping vom 3.-7. Dezember einen Staatsbesuch in der chinesischen
Hauptstadt Beijing, bei dem die Ausweitung der Zusammenarbeit beider Staaten
in Wirtschaft und Handel im Mittelpunkt stand. Zuma war in Begleitung einer
großen, hochkarätigen Delegation, darunter sieben Minister, der Bürgermeister
der Wirtschaftsmetropole Pretoria und mehr als hundert
Wirtschaftsvertreter.
Zuma wurde von Xi persönlich begrüßt und in der Großen Halle des Volkes mit
allen Ehren empfangen. Am 4. Dezember hatte er ein Arbeitstreffen mit
Ministerpräsident Li Keqiang.
Xi begrüßte Zuma als „alten Freund und guten Freund des chinesischen
Volkes“. Weiter sagte Xi: „Südafrika ist Chinas umfassender und strategischer
Partner in Afrika... Wir sind gute Freunde und gute Brüder, die einander
gegenseitig fördern.“
Es war Zumas erster Chinabesuch seit seiner Wiederwahl im Mai. Bei einem
früheren Besuch in Beijing 2010 hatte Zuma mit dem damaligen Präsidenten Hu
Jintao die Beijinger Erklärung unterzeichnet, ein Abkommen für eine
„umfassende strategische Partnerschaft“ zwischen den beiden Staaten, die zur
BRICS-Gruppe gehören (Brasilien, Rußland, Indien, China, Südafrika). Südafrika
gilt als das Tor der BRICS nach Afrika, China baut dort Fabriken und andere
Betriebe auf, um die Entwicklungspläne der BRICS für den afrikanischen
Kontinent voranzutreiben.
Die Kabinettsmitglieder in Zumas Delegation waren: die Ministerin für
Internationale Beziehungen und Zusammenarbeit Maite Nkoana-Mashabane,
Kabinettsminister Jeff Radebe, Finanzminister Nhlanhla Nene, der Handels- und
Industrieminister Rob Davies, Umweltministerin Edna Molewa, Verkehrsministerin
Dipuo Peters und Landwirtschaftsminister Senzeni Zokwana.
Am 4. Dezember unterschrieben Zuma und Xi Jinping ein auf 5-10 Jahre
angelegtes neues Rahmenabkommen für die weitere Verbesserung der
Wirtschaftskooperation. Wie Nkoana-Mashabane betonte, ist China Südafrikas
größter Handelspartner, und gleichzeitig ist Südafrika Chinas größter
Handelspartner in Afrika. Dabei fällt die Handelsbilanz zugunsten Chinas aus,
und ein Ziel des Staatsbesuches war es, dieses Ungleichgewicht abzubauen. Der
bilaterale Handel ist im letzten Jahr um 32% angewachsen. In Südafrika wird
auch der regionale Sitz der Neuen Entwicklungsbank der BRICS für Afrika
sein.
Die südafrikanische Delegation warb für mehr chinesische Investitionen in
vielen Bereichen - Forschung, Technik, Landwirtschaft und Infrastruktur -, mit
dem Ziel, den Wert südafrikanischer Exporte nach China zu steigern.
Als Beispiel für diese Wirtschaftsstrategie, die als wichtiger gilt als
reiner Profit, baut China in Südafrika schon jetzt Fabriken, die u.a.
Haushaltsgeräte, Autos und Lieferwagen herstellen. In einer dieser
Fertigungsstätten in Südafrika überwacht ein Arbeiter eine Maschine, während
in China ein Arbeiter schon zwei Maschinen überwacht. Dies kommentierte einer
der chinesischen Ausbilder: „Das kommt mit der Zeit...“
Im Gegensatz dazu wurde eine Gießerei des US-Autokonzerns Ford in Südafrika
mit 350 Mitarbeitern gerade geschlossen, nachdem die Belegschaft gestreikt
hatte.
Atomabkommen
Am selben Tag schlossen China und Südafrika mehrere Abkommen, darunter eine
Absichtserklärung über den Ausbau des südafrikanischen Kernkraftsektors.
Südafrika wird bald entscheiden, welcher Anbieter seine geplanten neuen
Reaktoren bauen wird, und bereitet den Bau vor.
Wie das Fachjournal World Nuclear News berichtete, unterzeichneten
die Atomkonzerne der beiden Staaten, Südafrikas NECSA und Chinas CNNC, das
Abkommen zur Einrichtung einer ständigen Partnerschaft, über die CNNC
Südafrikas Kernkraftbranche unterstützen wird.
Dazu kommt ein Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit bei der Finanzierung
des Baus neuer Reaktoren in Südafrika. Beteiligt sind daran Chinas
Staatskonzern für Kerntechnik, Chinas Industrie- und Handelsbank sowie die
südafrikanische Standard Bank.
Schließlich sieht ein drittes Abkommen die Ausbildung von 300
südafrikanischen Kerntechnikern vor, einschließlich Ausbildung vor Ort am
Arbeitsplatz, die im März 2015 anlaufen wird.
Während des Besuches sagte Zuma am 5. Dezember vor dem
Chinesisch-Südafrikanischen Wirtschaftsforum, Südafrika sehe in der
Absichtserklärung zur Nuklearkooperation „einen Mechanismus, der den
gegenseitigen Informationsaustausch, die besten Methoden und Lehren aus der
Erfahrung im Kernkraftsektor fördern wird, was auch zusätzliche Gelegenheiten
zur Zusammenarbeit eröffnen und erweitern wird“.
Südafrika gehört zu Chinas Prioritäten
Li sagte nach dem Treffen mit Zuma: „China wird Südafrika zu einem
vorrangigen Ziel für Auslandsinvestitionen machen und die Wirtschaftszweige
des Landes fördern und unterstützen.“
Dabei lege China besonderen Wert auf Gemeinschaftsprojekte mit Südafrika
bei Häfen, Schiffbau und Fischerei, engere finanzielle Zusammenarbeit wie etwa
Handel in Landeswährungen, Kooperation beim Ausbau der Kernkraft, Gründung
gemeinsamer Fluggesellschaften und Einsatz von Flugzeugen aus chinesischer
Produktion im afrikanischen Luftraum.
Die Direktorin des Zentrums für Südafrikastudien an der Chinesischen
Akademie der Wissenschaften, Yang Lihua, sagte am 5. Dezember im chinesischen
Fernsehen, China sehe Südafrika als das Schlüsselland für die
Entwicklungsinitiative der BRICS auf dem afrikanischen Kontinent an. Sie
begründete dies so:
Südafrika ist das wirtschaftlich am weitesten entwickelte Land
Afrikas, sein Wirtschaftsprodukt pro Kopf ist höher als das Chinas, und seine
Industrie entwickelt sich schon seit über 100 Jahren. Südafrika sollte nun den
wirtschaftlichen Schwerpunkt vom Bergbau auf die Industrie verlagern und
parallel dazu seine Wettbewerbsfähigkeit in der Fertigungsindustrie und
anderen produktiven Bereichen erhöhen.
Die Zusammenarbeit beider Länder vor allem in finanzieller Hinsicht
bei der Infrastruktur, Investitionen und in der Industrie sei wichtig.
Südafrika habe ein ausgereiftes Finanzsystem und sei in vielen Teilen Afrikas
finanziell-wirtschaftlich engagiert. Es gebe auch bereits viele persönliche
Erfahrungen, da seit Nelson Mandelas Freilassung vor 20 Jahren regelmäßig
Teams China besuchen.
Im kommenden Jahr werde das Forum für chinesisch-afrikanische
Zusammenarbeit in Südafrika stattfinden. Damit werden beide Seiten nicht nur
die bilaterale Zusammenarbeit, sondern auch die mit Afrika insgesamt fördern.
Südafrika selbst wird Mitveranstalter des Forums sein.
Der Handel wächst
Vor dem Besuch sagte Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane, ein
Ziel sei es, „dafür zu sorgen, daß unsere Beziehungen zu China entscheidend
bleiben für die Verwirklichung unserer Entwicklungspläne durch unsere
Außenpolitik“. Seit Zuma 2009 zum erstenmal zum Präsidenten gewählt wurde, ist
das Verhältnis zwischen beiden Ländern sehr eng.
Die Wirtschaftsbeziehungen haben sich im letzten Jahrzehnt rasch
ausgeweitet, und sie verbessern sich weiter, seit Südafrika 2011 zur BRICS
dazustieß. China investiert in Südafrika mehr als in jedem anderen
afrikanischen Land. Der Handel zwischen beiden Ländern lag 2012 bei 18,6 Mrd.$
und stieg 2013 auf 25 Mrd.$ an, und 2014 ist mit einem weiteren Anstieg zu
rechnen.
In Nkoana-Mashabanes Erklärung heißt es, die Gründung der
BRICS-Entwicklungsbank „hebt das Niveau der Zusammenarbeit zwischen China und
Südafrika an“, und das sei „ein klares Anzeichen für Südafrikas Bedeutung“ für
Afrika. Die südafrikanische Denkfabrik CCR (Centre for Conflict Resolution)
hat kürzlich in einem Rundbrief darauf hingewiesen, daß im letzten Jahr ein
Drittel des chinesischen Handels mit Afrika über Südafrika lief.
Noch 2004 lagen Chinas Investitionen in Südafrika bei nur 59 Mio.$, doch
sie steigerten sich bis 2012 auf 5 Mrd.$.
Ein Beleg für die systematische Ausweitung der Zusammenarbeit ist, daß das
südafrikanische Bildungsministerium in diesem Jahr Mandarinchinesisch in das
Unterrichtsangebot aufgenommen hat.
Tor der BRICS nach Afrika
Um Südafrikas Rolle als „Tor nach Afrika“ zu stärken, baut China als
Speerspitze der BRICS dort Fabriken und andere Betriebe auf, wodurch die
BRICS-Gruppe Südafrika besser als Eingangsland für ihre ehrgeizigen
Entwicklungspläne auf dem afrikanischen Kontinent nutzen kann.
Die Neue Entwicklungsbank (NDB) und der Devisenreservefonds der BRICS sind
entscheidende Institutionen, die diesen Entwicklungsvorstoß möglich machen,
und gerade Zuma weiß sehr gut, daß sie für die Entwicklung Südafrikas und ganz
Afrikas unverzichtbar sind.
Die Gründung der 100 Mrd.$ umfassenden NDB und des ebenso großen
Reservefonds wurde auf dem BRICS-Gipfel im brasilianischen Fortaleza im Juli
formal beschlossen. Die Bank wird ihren Sitz im chinesischen Shanghai und eine
regionale Afrika-Zweigstelle in Südafrika haben.
Jacob Zuma pries die NDB nach ihrer Gründung als „ein unvergängliches Erbe,
welches das Gesicht der Weltwirtschaft und das Gesicht aller
Entwicklungsländer zum besseren verändern wird“.
Kurz nach der Gründung der NDB sagte Finanzminister Nhlanhla Nene, der
jetzt mit Zuma nach China reiste, die neue Bank werde „Afrikas
Infrastrukturvorstoß Schwung verleihen“. Über die Regionalstelle in Südafrika
wird die NDB der südafrikanischen Regierung zufolge Mittel für bahnbrechende
Infrastrukturprojekte freisetzen, die der Integration des Kontinents einen
entscheidenden Schub verleihen werden.
Die NDB und der Reservefonds mit verschiedenen Währungen öffnet das Tor zu
einer enormen Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung der
BRICS-Staaten und der mit ihnen verbündeten Entwicklungs- und Schwellenländer.
Die BRICS-Länder beklagen seit langem, daß der Weltwährungsfonds und die
Weltbank Sparpolitik und andere Auflagen für ihre Kredite erzwingen und die
Länder bei den Kreditbedingungen nicht mitreden dürfen. Entweder sie
akzeptieren die Vorgaben von IWF/Weltbank, oder es gibt keinen Kredit.
Gegenwärtig umfaßt der Handel der BRICS-Nationen 6140 Mrd. $, fast 17% des
Welthandels.
Zuma hat schon vor einigen Monaten betont, daß die NDB der BRICS anders
arbeiten wird als das IWF-Weltbank-System. Im Juli sagte er vor dem
südafrikanischen Parlament: „Sie wissen, daß man, wenn man die existierenden
Banken um Hilfe bittet, am Ende immer in noch größere Schwierigkeiten gerät.
Das ist die Erfahrung vieler Länder, besonders von Entwicklungsländern.“ Zuma
hat dazu erklärt, China sei hier ganz anders als die Staaten der ehemaligen
Kolonialherren.
Am 5. Dezember wurde die Chance zur Zusammenarbeit in diesem neuen
Paradigma beim Südafrikanisch-chinesischen Wirtschaftsforum in Beijing in die
Praxis umgesetzt. Die südafrikanischen Unternehmer und Manager aus Zumas
Delegation trafen sich dort mit 150 führenden chinesischen
Wirtschaftsvertretern, um den gegenseitigen Handel und chinesische
Investitionen in Südafrika auszuweiten. Dies betrifft Finanzen, Infrastruktur,
Energie, produzierendes Gewerbe, Bergbau sowie Kapitalausstattung für
langfristige chinesische Investitionen in den von Zuma angestrebten Ausbau der
Infrastruktur.
Douglas DeGroot