Konferenz in Jakarta erneuert den „Geist von Bandung“
In Jakarta wurde der 60. Jahrestag des ersten
asiatisch-afrikanischen Gipfeltreffens gefeiert, das 1955 in Bandung
stattfand.
Vertreter von 92 Nationen Afrikas und Asiens versammelten sich am 22. April
in Jakarta, um den 60. Jahrestag des asiatisch-afrikanischen Gipfeltreffens zu
feiern, das im April 1955 in der indonesischen Stadt Bandung stattgefunden
hatte. Aus den aus diesem Anlaß in Jakarta gehaltenen Reden wurde deutlich,
daß das neue Paradigma für Frieden und Entwicklung, das von den BRICS-Staaten
mit der Neuen Entwicklungsbank (NDB), der Asiatischen
Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) und Chinas Seidenstraßen-Initiativen
geschaffen wird, heute den „Geist von Bandung“ verwirklicht.
Dieser „Geist von Bandung“, der zur leitenden Idee der Blockfreien-Bewegung
wurde, ging vor allem auf die Anstrengungen des damaligen indonesischen
Präsidenten Sukarno und des indischen Premierminister Jawaharlal Nehru zurück.
Die Bandung-Konferenz versammelte 25 Staats- und Regierungschefs aus Afrika,
Asien und dem Nahen Osten. Es war das erste Treffen der ehemaligen
Kolonialstaaten, an dem die früheren „Mutterländer“ nicht teilnahmen. Ein
wesentlicher Schwerpunkt der Konferenz lag darin, den drohenden Krieg zwischen
den Vereinigten Staaten und China abzuwenden, wobei Chinas Premierminister
Zhou Enlai eine wesentliche Rolle spielte. 1954 hatten sich Zhou, Nehru und
Burmas Ne Win auf die „Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz“ geeinigt,
die von den in Bandung versammelten Staatsmännern angenommen wurden.
Der im Oktober 2014 neugewählte indonesische Staatspräsident Joko Widodo
eröffnete die jetzige Konferenz in Jakarta mit einem Paukenschlag: „Die Idee,
daß die wirtschaftlichen Probleme der Welt nur von der Weltbank, dem
Weltwährungsfonds und der Asiatischen Entwicklungsbank gelöst werden können,
ist obsolet und muß aufgegeben werden. Ich bin der Meinung, daß das Schicksal
der globalen Wirtschaft nicht diesen drei Finanzinstitutionen überlassen
werden kann. Es ist unerläßlich, daß wir eine neue internationale Ordnung
aufbauen, die für neuaufkommende Wirtschaftsmächte offen ist.“
Widodo forderte die Nationen Asiens und Afrikas auf, sich für eine Reform
der Vereinten Nationen einzusetzen, die er als „ohnmächtig“ bezeichnete, die
Probleme der globalen Unausgewogenheiten und Ungerechtigkeiten zu lösen. Er
verwies auf den Palästina-Konflikt als Beispiel. Chinas Präsident Xi Jinping
stimmte Widodo zu: „Es ist wichtig, die entwickelten Länder dazu anzutreiben,
daß sie ihre Zusagen [zur Entwicklungshilfe] ernsthaft erfüllen und ihre
Unterstützung für die Entwicklungsländer verstärken, ohne dies an politische
Bedingungen zu knüpfen.“ Xi sagte, bis Ende dieses Jahres werde China die
Zölle für 97% der besteuerbaren Waren aus den am wenigsten entwickelten
Ländern, die diplomatische Beziehungen mit China haben, auf Null senken.
Präsident Xi verwies auf die AIIB und die Politik „Ein Gürtel, eine
Straße“, die dazu dienen sollen, die Verbindungen und die Entwicklung in der
gesamten Region und darüber hinaus zu fördern. „Wir unterscheiden uns
untereinander und stehen gemeinsam vor den Herausforderungen der Zukunft“,
sagte Xi. „Aber wir haben gelernt, die Gemeinsamkeiten zu sehen. Wir glauben:
Wenn man schnell gehen will, soll man alleine gehen, und wenn man weit kommen
will, soll man gemeinsam gehen. Und wir wissen, daß wir gemeinsam stark sind.
Im April 2015, bei der Bandung-Konferenz, wartet ein neues Wunder aus Asien
und Afrika auf die Geschichte.“
China, sagte Xi, werde in den kommenden fünf Jahren 100.000
Ausbildungsplätze für Entwicklungsländer in Asien und Afrika schaffen. Darüber
hinaus sollen insgesamt 2000 junge Männer und Frauen aus Asien und Afrika
eingeladen werden, China zu besuchen und dort an einer Serie von Jugendtreffen
teilzunehmen.
Auch Japans Premierminister Shinzo Abe, der am Rande der Konferenz mit
Präsident Xi zusammentraf, hob die Entschlossenheit seines Landes zur
Entwicklung der Nationen Asiens und Afrikas hervor. Diese würden nicht mehr
als Hilfeempfänger betrachtet, sondern als Entwicklungspartner. Abe lobte zwar
die amerikanischen Freihandelsinitiativen TPP (Transpazifische Partnerschaft)
und TTIP (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) und
erklärte, sie würden irgendwann auch auf Afrika erweitert werden, fügte jedoch
hinzu: „Japan ist entschlossen, Wachstum in Asien und Afrika zu einem
dauerhaften Ereignis und nicht bloß zur vorübergehenden Erscheinung zu machen.
Mit dieser Entschlossenheit im Kopf werden wir in den kommenden fünf Jahren
bis zu 350.000 Menschen in der gesamten Region helfen, technologisches
Fachwissen und industrielle Kenntnisse zu erwerben.“
Zu diesem Zweck, so berichtete Kyodo News, will Japan die
Ausbreitung des „Kosen“-Systems polytechnischer Schulen in Asien und Afrika
fördern, sowie den Aufbau von höheren Ingenieurschulen in Ägypten, Indien und
Malaysia. Außerdem wird Japan im Juli ein Gipfeltreffen mit den fünf
ASEAN-Anliegerstaaten des Mekong veranstalten, um eine neue Strategie
auszuarbeiten, wie Tokyo die Entwicklung des Mekong-Beckens fördern kann.
Michael Billington