Destabilisierungsversuch gegen Chinas Partner in Afrika
Kurz vor der Eröffnung der ersten elektrifizierten Eisenbahn
auf dem afrikanischen Kontinent werden in Äthiopien ethnische Spannungen
geschürt.
Der 5. Oktober 2016 war ein historischer Tag für Afrika und insbesondere
für Äthiopien: An diesem Tag nahm die von chinesischen Unternehmen gebaute
Eisenbahnstrecke zwischen der Hauptstadt Addis Abeba und dem Küstenstaat
Dschibuti ihren regulären Betrieb auf – die erste moderne, elektrifizierte
Bahnstrecke in Afrika. Äthiopien ist in Afrika einer der wichtigsten
Verbündeten Chinas in der Initiative der Neuen Seidenstraße.
Es ist sicher kein Zufall, daß seit einigen Wochen versucht wird, die
äthiopische Regierung zu destabilisieren. Es werden ethnische Unruhen
geschürt, besonders unter den Oromo, dem zweitgrößten Volksstamm im Land. Beim
jüngsten Zwischenfall, während eines Festivals in der Nähe von Addis Abeba,
kam es nach Provokationen zu einer Massenpanik mit Toten und Verletzten. „Als
Folge des Chaos gingen Menschenleben verloren und mehrere Verletzte wurden ins
Krankenhaus gebracht“, teilte das Pressebüro der Regierung mit. „Die
Verantwortlichen werden vor Gericht gestellt.“
Premierminister Hailemariam Delasegn sagte in einer Fernsehrede an die
Nation, die Unruhestifter hätten ein „im voraus geplantes Chaos“ geschaffen,
wodurch Menschen in Schluchten in den Tod stürzten. Er bestritt Berichte, daß
die Sicherheitskräfte das Feuer eröffnet hätten, lobte die Bemühungen der
Sicherheitskräfte um den Schutz der Öffentlichkeit und versprach, die
Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Vorsitzende des oppositionellen Föderalistischen Oromo-Kongresses,
Merera Gudina, behauptete in einer Erklärung gegenüber Reuters, es
seien 50 Menschen getötet worden, und erhob Vorwürfe gegen die Polizei, sie
habe Tränengas eingesetzt und in die Luft geschossen, um Regierungsgegner zu
vertreiben.
Bezeichnend ist, daß Gudina diese Äußerungen in Washington machte, wo er
lebt, seit er 2014 ein „Demokratie-Stipendium“ als „Reagan-Fascell Democracy
Fellow“ bei der US-Behörde National Endowment for Democracy (NED) erhalten
hatte. Die NED ist darauf spezialisiert, in aller Welt Farbenrevolutionen
gegen unliebsame Regierungen zu organisieren. Die meisten in den Medien
zitierten Oppositionsführer leben in den Vereinigten Staaten, wo man ihnen
gutbezahlte Posten beim NED, an der Harvard-Universität oder anderen
Eliteeinrichtungen besorgt hat.
Gudinas Interview mit Reuters ist Teil einer Kampagne. Gudina wurde
schon sehr oft von der Thomson Reuters Foundation interviewt, die
international Gelder zur Förderung des „Rechtsstaats“ vergibt. Die Stiftung
gehört zur kanadischen Thomson-Gruppe, die 2008 Reuters aufkaufte, und
in ihrem Beirat sitzen etliche Vorstände von Banken und Investmenthäusern.
Der Zeitpunkt der Destabilisierung war offenbar bewußt nur wenige Tage vor
Betriebsbeginn der Eisenbahnlinie gewählt worden.
Xinhua berichtete am 5. und 6. Oktober interessante Einzelheiten
über die neue Bahnstrecke. Der elektrische Betrieb ist weit billiger als der
mit Diesellokomotiven, aber nur möglich, weil der äthiopische Staat in den
letzten Jahren viel in den Bau großer Wasserkraftwerke investiert hat. Die
Bahnstrecke wurde im vergangenen Jahr schon vor der endgültigen Fertigstellung
benutzt, um Nahrungsmittel in von der Dürre betroffene Gebiete zu bringen, was
vielen Menschen das Leben rettete.
Die Strecke ist 753 km lang und für den Betrieb mit einer Geschwindigkeit
von 120 km/h ausgelegt. Ihr Bau kostete 4 Mrd.$ und wurde von der China
Railway Group und der China Civil Engineering Construction Corp. durchgeführt.
Die Eisenbahn reduziert die Transportzeit von Dschibuti nach Addis Abeba von
sieben Tagen auf nur noch zehn Stunden!
„Die Eisenbahn wurde nach den technischen Standards der chinesischen
Eisenbahnen gebaut, wobei die natürlichen Bedingungen in Äthiopien und
Dschibuti berücksichtigt wurden“, erklärte Zeng Deli, Projektmanager der China
Railway Group, gegenüber Xinhua. Daß der Bau nur sechs Jahre dauerte,
sei an sich schon ein kleines Wunder, sagte Zeng.
An dem Bau waren bis zu 20.000 Arbeiter gleichzeitig beteiligt. Wie ein
anderer Projektmanager des Unternehmens erklärte, bildeten die Chinesen dazu
mehr als 15.000 einheimische Arbeitskräfte aus.
Die moderne Bahn mit Standardspurweite verläuft parallel zur Strecke der
völlig heruntergekommenen Schmalspurbahn, die vor über hundert Jahren von
Europäern gebaut worden war. Mehr als 90% des äthiopischen Im- und Exports –
vor allem Energieträger und Nahrungsmittel – laufen über den Seehafen
Dschibuti. Die Kapazität der bestehenden Fernstraßen ist damit schon lange
überfordert.
Aber den Chinesen geht es nicht bloß um die Verbesserung der
Verkehrsverbindungen, die neue Eisenbahn soll auch als Katalysator für die
nationale wirtschaftliche Entwicklung Äthiopiens dienen.
dea