"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

„Schuldenfalle“ 2.0

Britische Unternehmen plündern Sambia, die USA geben China die Schuld!

Von Hussein Askary,
Belt & Road Institute in Sweden (BRIX)

Nachdem das Narrativ von der „Schuldenfalle China“ international gründlich als Betrug entlarvt wurde (auch, aber nicht allein durch die Recherchen des Verfassers),1 wird nun ein neues doppeltes Spiel gespielt: China soll westlichen Anleihegläubigern, die Schulden vieler notleidender Länder halten, aus der Patsche helfen; gleichzeitig setzen der Internationale Währungsfonds (IWF), die USA und die EU diese Länder unter Druck, im Gegenzug für einen Schuldenerlaß von China finanzierte Infrastrukturprojekte aufzugeben.

Im Falle von Sambia hat der IWF das sehr deutlich gemacht. Dem gleichen Ziel dient offenbar der Besuch von US-Finanzministerin Janet Yellen in dem Land, nämlich Sambia zum Exempel oder Modellfall für diesen neuen Vorstoß zu machen, um die Gürtel- und Straßen-Initiative und allgemein die chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit zu blockieren. Diese Zusammenarbeit für den Aufbau von Infrastruktur (Verkehr, Energie, Wasserwirtschaft, Telekommunikation, Gesundheitswesen und Bildung) und moderner Landwirtschaft und Industrie ist für diese Länder der einzige Ausweg aus der doppelten Falle von Armut und chronischer Verschuldung.

Gleichzeitig läuft die Plünderung der Rohstoffe afrikanischer Länder durch die ehemaligen Kolonialmächte, allen voran Großbritannien, unter dem Deckmantel von Reformen, Privatisierungen und Investitionsanreizen noch intensiver und rücksichtsloser weiter. Im Falle Sambias ist die Lage, wie wir hier näher erläutern werden, wahrscheinlich genauso schlimm wie in der Kolonialzeit.

Die Notlage dieser Länder existierte schon vor Chinas Engagement im Rahmen der Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) in Afrika und Asien und wurde durch den Ausbruch der COVID-Pandemie 2020-21 noch verschärft. Das setzte sich fort, als die Inflation der weltweiten Energie- und Rohstoffpreise im Jahr 2021 zunahm und sich schließlich mit dem Ausbruch der Ukrainekrise im Februar 2022 dramatisch verschlimmerte. Wie wir in unserem bahnbrechenden Bericht über die Schuldenkrise Sri Lankas 2022 dargelegt haben, sind Länder am stärksten betroffen, die in hohem Maße auf die Einfuhr von Brennstoffen, Nahrungsmitteln und Düngemitteln angewiesen sind.

Sri Lanka und Sambia sind beide typische Beispiele dafür. Sambia geriet bereits im November 2020 mit Eurobonds in Verzug (nicht mit dem chinesischen Schuldendienst!) und verhandelte mit dem IWF und internationalen Gläubigern über ein Finanzhilfepaket. Sri Lanka geriet im Mai 2022 in Verzug. Die Länder hatten sich während der COVID-19-Pandemie, aber auch schon davor, in großem Umfang auf den internationalen Märkten für Privatanleihen verschuldet.

Folgendes ist in Sambia passiert: Als 2014 die Rohstoffpreise einbrachen, geriet das Land in eine schwere Finanzkrise, woraufhin es sich an den internationalen Anleihemärkten verschulde. 2014 gab Sambia Eurobonds im Wert von 1 Milliarde Dollar aus, die Emission wurde vom IWF unterstützt und von der Deutschen Bank und Barclays organisiert. 2015 wurde eine weitere Eurobond-Anleihe im Wert von 1,3 Mrd. Dollar ausgegeben. Der Zinssatz betrug unglaubliche 9,3%. Die Fälligkeit der Anleihen lag zwischen 7 und 11 Jahren. Diese Eurobonds dienten nur dazu, eine Haushaltslücke von 2 Mrd. Dollar zu schließen, und wurden nicht produktiv investiert.

Im November 2020 geriet das Land mit einer Zahlung von 42,5 Mio.$ für eine der Eurobond-Anleihen in Verzug.

Genau den gleichen Fehler macht man bei den neuen Vereinbarungen mit dem IWF über einen „Schuldenerlaß“, dort geht es allein darum, Haushaltslücken in den Staatsfinanzen zu schließen, anstatt die Wirtschaft zu entwickeln. Neue Kredite werden aufgenommen, um die akute Notlage zu lindern, und werden ohne irgendeinen Beitrag zur Verbesserung der Produktivität der Gesellschaft aufgebraucht. Die neuen Kredite werden dann früher oder später fällig und der Teufelskreis fängt von vorne an.

Unsere Untersuchung der Forderungen des Westens an China und der Bedingungen des IWF für die Unterstützung von Sambia und Sri Lanka hat ergeben, daß mehrere Ziele für China und die BRI problematisch sein können:

  • China wird gedrängt, sich stärker an der vom IWF organisierten Umschuldung dieser Länder zu beteiligen, was bedeutet, daß China dazu beitragen soll, westliche private Anleiheninhaber zu retten, die ihrerseits durch die globale Finanzkrise unter Druck geraten sind.

  • Der IWF fordert, wie im Fall Sambias, die Kreditaufnahme (meist aus China, ohne es beim Namen zu nennen) für wichtige Infrastrukturprojekte zu stoppen.2

  • Beide Länder werden vom IWF gedrängt, bei der Finanzierung und dem Bau von Infrastruktur auf „öffentlich-private Partnerschaften“ zurückzugreifen. Das bedeutet, daß viele Projekte nicht verwirklicht werden können, weil private Investoren die finanzielle Rendite als zu gering oder nicht existent erachten. Oder wichtige strategische Einrichtungen, wie Häfen und Flughäfen, werden privatisiert und gelangen in den Besitz ausländischer Interessen.

  • Es besteht die Gefahr, daß dieselben westlichen Interessen und ihre Verbündeten, die auf strategische Rohstoffe aus sind, sich auch wichtige öffentliche Werte aneignen.

Der Berater von US-Finanzministerin Janet Yellen, Brent Neiman, sagte in einer Rede am 20. September 2022, Chinas mangelnde Zusammenarbeit mit der G-20 und dem IWF beim Schuldenerlaß könne Dutzende von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen mit jahrelangen Schuldendienstproblemen, Wachstumsschwäche und Investitionsmangel belasten.3

„Chinas enormer Umfang als Kreditgeber bedeutet, daß seine Beteiligung unerläßlich ist“, sagte Neiman in der Rede und zitierte Schätzungen, wonach China 500 Milliarden bis 1 Billion Dollar an ausstehenden offiziellen Krediten hat, hauptsächlich an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Die genauen Zahlen sind jedoch schwer zu ermitteln, es ist unklar, für welche Länder und Projekte die Kredite vergeben wurden.

Am 14. Juli 2022 sagte Yellen am Rande des G-20-Finanzministertreffens in Indonesien: „Sri Lanka ist eindeutig nicht in der Lage, diese Schulden zurückzuzahlen, und ich glaube, daß China bereit sein wird, mit Sri Lanka zusammenzuarbeiten, um die Schulden umzustrukturieren.“ China sei ein sehr wichtiger Gläubiger Sri Lankas, und es liege wahrscheinlich im Interesse beider Länder, daß China sich an der Umschuldung beteiligt. Doch die erste Bedingung des IWF für Hilfe an Sri Lanka war, sich als erstes mit westlichen Anleihegläubigern über die Schuldenrückzahlung zu einigen. IWF-Vertreter warnten in ihrem Bericht nach einem Besuch in Sri Lanka im September 2022: „Finanzielle Zusicherungen zur Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit seitens der offiziellen Gläubiger Sri Lankas sowie ernstgemeinte Bemühungen um eine gemeinsame Vereinbarung mit privaten Gläubigern sind entscheidend, bevor der IWF Sri Lanka finanzielle Unterstützung gewähren kann.“4

Westliche Medien zitieren solche Aussagen als angeblichen Beleg dafür, daß China die Bemühungen untergrabe, armen Ländern bei der Umschuldung zu helfen, weil es die IWF-Programme nicht mitträgt. Tatsächlich tut China das Richtige, indem es die IWF-Methoden meidet und sich auf seine eigenen Lösungen konzentriert.

Neokoloniale Plünderung der sambischen Bodenschätze

Sambia ist der zweitgrößte Exporteur von Kupfer und anderen Industriemineralien wie Kobalt und Gold in Afrika. Doch obwohl der Bergbausektor 70-80% der Ausfuhren des Landes ausmacht, trägt er nicht mehr als 4-5% zu den Staatseinnahmen bei, weil er sich größtenteils im Besitz ausländischer Unternehmen befindet, meist britische, kanadische oder australische (Commonwealth). Die größten dieser Unternehmen sind: Glencore Plc (Glencore Xstrata Plc), Konkola Copper Mines Plc (Tochtergesellschaft von Vedanta Resources), Barrick Gold Corp, First Quantum Minerals Ltd, Axmin Inc, Caledonia Mining Corp, Lubambe Copper Mine Limited, Trek Metals Limited (Zambezi Resources Pty Ltd).

Nur eines der großen Unternehmen ist chinesisch: China Nonferrous Metals Corporation (CNMC).

Der größte Teil des Gewinns aus dem Bergbau fließt nicht in das Land zurück. 2021 beliefen sich Sambias Ausfuhren auf schätzungsweise 8,1 Mrd.$. Davon entfielen 6,1 Mrd.$ auf Kupfer (76% der Gesamtausfuhren). Aber nicht einmal 1 Mrd.$ wurde von diesen Unternehmen nach Sambia zurückgeführt. Die Unternehmen nutzen keine lokalen Zulieferer, alle Maschinen und Dienstleistungen kommen aus dem Ausland.

Die Privatisierung des Bergbausektors war Teil des Liberalisierungsprozesses, der in den 90er Jahren mit dem IWF und der Weltbank vereinbart wurde. Im Rahmen dieser Politik wurden ausländische Minenunternehmen unter dem Vorwand, mehr ausländische Direktinvestitionen ins Land zu holen, weitgehend von Steuern befreit.

Ein Bericht der Londoner Organisation War on Want („Krieg der Not“), New-Colonialism, (Seiten 21-25) beschreibt ausführlich, wie Glencore und Vedanta dem Land sein Kupfer rauben und ihm dafür nur Elend und Umweltverschmutzung bescheren.5

Wie diese alten kolonialen Interessen wieder in das Land einmarschiert sind, ist in einem Bericht eines Teams des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) anschaulich beschrieben.6 Er dokumentiert die üblen Machenschaften, mit denen Sambia unter dem Deckmantel raffinierter liberaler Wirtschaftsmethoden seiner natürlichen Ressourcen beraubt wird. Hier sind einige der interessantesten Schlußfolgerungen des Berichts:

  • Der Privatisierungsprozeß war Anfang der 2000er Jahre abgeschlossen, als die weltweite Nachfrage nach Basismetallen, einschließlich Kupfer, zwischen 2003 und 2011 steil anstieg, bis auf über 8000 $ pro Tonne im Jahr 2011. Auch die Investitionen ausländischer Unternehmen nahmen zu. Die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) im Bergbausektor stiegen auf mehr als 60% (4,5 Mrd.$) der gesamten ADI.

  • Trotz des Preis- und Produktionsbooms blieben die Einnahmen auch in der Zeit nach der Privatisierung gering. Dies war eine direkte Folge der vertraglichen Vereinbarungen, die den privaten ausländischen Minenunternehmen großzügige Vorteile gewährten.

  • Während des Privatisierungsprozesses wurde der Verkauf von Vermögenswerten des staatlichen Kupferminenkonzerns ZCCM bilateral zwischen der Regierung und den Bergbauunternehmen in Verträgen ausgehandelt, sogenannten „Entwicklungsvereinbarungen“. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkaufs sahen äußerst großzügige steuerliche und andere Zugeständnisse vor. Mehrere Punkte sind hier besonders hervorzuheben: Es wurde keine Mehrwertsteuer auf Minenprodukte erhoben, Investitionsausgaben waren zu 100% abzugsfähig, und es wurden „Stabilitätsperioden“ von 15-20 Jahren gewährt, in denen die Verträge nicht geändert werden dürfen.

  • Die Bergbauunternehmen erhalten enorme Steuernachlässe für den Strom, den staatliche Versorgungsunternehmen ihnen liefern. Große Sorge und Ärger verursacht die vereinbarte niedrige Mineraliensteuer (mineral royalty), die meist auf ganze 0,6% (!!!) festgesetzt wurde, weit unter dem weltweiten Durchschnitt von 2-6% und unter den eigenen Schätzungen des IWF von 5%-10% für Entwicklungsländer.

  • Die erste Gruppe privatisierter Unternehmen zahlte noch 2-3% Mineraliensteuer. Dieser Satz wurde jedoch nach unten korrigiert, nachdem die Anglo American Corporation einen sehr großzügigen Satz von 0,6% ausgehandelt hatte; dieser wurde anschließend einheitlich auf alle Minenunternehmen angewendet.

  • Der Beratungsdienst der Weltbank für Auslandsinvestitionen (Foreign Investment Advisory Service) argumentierte damit, daß der effektive Steuersatz im Bergbausektor dank der Sonderkonditionen bei fast 0% lag! Die Subvention für den Kauf von Bergbaumaschinen war mit 18,3% die höchste, die es in irgendeiner Branche überhaupt gab.

  • Der Preisanstieg erzeugte einen ständigen Einnahmestrom, der mehr als 5% des BIP der Ära vor dem Boom entsprach. Theoretisch hätte das Land damit bis heute 1,4 Mrd.$ (39% des BIP von 2002) ansparen können. Aber die privaten Bergbauunternehmen eigneten sich den größten Teil des Geldsegens durch Gewinnrückführung an und schütteten damit Dividenden an ausländische Aktionäre aus.

Man könnte sagen, der sambische Bergbaugarten gedeiht, aber seine Früchte fallen auf britischen Boden.

Die Zusammensetzung der Schulden Sambias

Grafik: Barclays, 2019

Abb. 1: Auslandsschulden der Regierung Sambias nach Gläubigern, Stand Ende 2019,
in Mrd. US-Dollar.

© Quellen: Jahresbericht des Finanzministeriums, Barclays Research, Yellow Book

Abb. 2: Zusammensetzung der sambischen Auslands­schulden 2018.

Sambias Auslandsverschuldung stand Ende 2021 bei 8,472 Mrd.$ (Abbildung 1). Die Inhaber von Eurobonds hielten Ende 2021 insgesamt 3 Mrd.$ an sambischen Schulden, plus 336 Mio.$ an rückständigen Zinsen. British ABRDN (Aberdeen) ist einer der größten Anleihegläubiger und Wortführer eines Komitees von Anleihegläubigern, das schätzungsweise rund 45% der internationalen Marktschulden Sambias hält. Aberdeen und seine Partner wendeten sich gegen jeglichen Schuldenschnitt für die Anleihegläubiger im Rahmen einer Umschuldung. Der US-amerikanische Investment-Riese BlackRock hält Anleihen im Wert von rund 215 Mio. Dollar. BlackRock hat in den vergangenen Jahren hohe Gewinne mit diesen Anleihen gemacht.7

Zum Vergleich: Das nominale BIP Sambias wurde im Dezember 2019 mit 17,1 Mrd.$ angegeben.

Chinesische Kredite an Sambia machen 30% aller Auslandsschulden aus (Abbildung 2, rechts). Dabei handelt es sich jedoch um langfristige Darlehen mit langen tilgungsfreien Zeiten – hauptsächlich für Infrastrukturprojekte wie Staudämme und Wasserkraftwerke, Straßen, Autobahnen, Telekommunikations- und digitale Infrastruktur, Krankenhäuser und sauberes Trinkwasser.

Politische Entwicklungen

Am 12. August 2021 wurde Hakainde Hichilema von der oppositionellen United Party for National Development (UPND) zum Präsidenten Sambias gewählt. Westliche Interessen beschreiben ihn als „wirtschaftsfreundlich“. Das geht aus dem sehr optimistischen Bericht hervor, den der ABRDN-Investitionsdirektor Kevin Daly im Januar 2022 verfaßte, worin er die Wahl Hichilemas als „Wende“ bezeichnet.8 Im März 2020, vor der Wahl, hatte Hichilema auf seiner Facebook-Seite geschrieben: „Sambias Regierung sagt, daß sie sich mit dem IWF trifft, um über einen wirtschaftlichen Stabilisierungsplan zu sprechen. Auf der anderen Seite nimmt sie mehr Schulden bei China auf, genau das, was der IWF ihr untersagt. Kolleginnen und Kollegen, genau das meinen wir, wenn wir von Disziplinlosigkeit beim Staatshaushalt sprechen.“

Die Begeisterung der westlichen Interessen ist verständlich.

Ergebnisse der Verhandlungen mit dem IWF

Als wichtigstes Ergebnis der Vereinbarung zwischen dem IWF und der sambischen Regierung nennen IWF-Mitarbeiter in ihren Berichten ein zinsloses Darlehen über 1,3 Mrd.$ mit einer tilgungsfreien Zeit von fünfeinhalb Jahren und einer Fälligkeit von zehn Jahren. Im Gegenzug für diese finanzielle Unterstützung muß Sambia jedoch Bedingungen akzeptieren: die Staatsausgaben senken und vor allem die Kreditaufnahme für Infrastrukturprojekte einstellen.

Im IWF-Stabsbericht vom September 2022 heißt es ganz offen: „Sambia hat mit großen fiskalischen und außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten zu kämpfen, die auf jahrelanges wirtschaftliches Mißmanagement zurückzuführen sind, insbesondere auf eine übermäßig ehrgeizige öffentliche Investitionsoffensive, die weder das Wachstum noch die Einnahmen nennenswert gesteigert hat.“9

Weiter heißt es: „Die rasche Anhäufung von Schulden vor dem Hintergrund sich verschlechternder wirtschaftlicher Fundamentaldaten hat zu einem unhaltbaren Schuldenstand und in der Folge zu Zahlungsrückständen geführt. Die Schulden wurden hauptsächlich für Infrastrukturprojekte in Bereichen wie Straßen, Bildung, Gesundheit und Verteidigung aufgenommen.“

Das ist eine Verdrehung der Tatsachen, denn der größte Teil der Schulden wurde durch die Kreditaufnahme auf den globalen Anleihemärkten angehäuft, hauptsächlich bei britischen und amerikanischen Gläubigern. Chinas Kredite dagegen waren langfristig angelegt und dienten der Verbesserung der Realwirtschaft und Produktivität Sambias.

Es war die gleiche Forderung des IWF, schon seit die vorherige Regierung ihre Verhandlungen aufgenommen hatte. Die neue Regierung stornierte zahlreiche Projekte, größtenteils mit China, die schon vereinbart waren, deren Kredite aber laut Finanzminister Felix Nkulukusa noch nicht ausgezahlt waren. Solche gestrichenen Projekte sind:

  • Eine wichtige Autobahn, die von der China Jiangxi Corporation mit 1,2 Mrd.$ finanzierte Schnellstraße Lusaka-Ndola, die die Hauptstadt mit der Provinz Copperbelt verbinden sollte. Lusaka hat bei China Jiangxi nicht ausgezahlte Kredite in Höhe von 157 Mio.$ storniert.

  • Digitale Projekte wie Smart Zambia Phase II (333,2 Mio.$), das von Huawei Technologies durchgeführt und von der China Exim Bank finanziert wurde. Digitale terrestrische Fernsehübertragungssysteme in Sambia, Phase II und III.

  • Sambia bat die China Exim Bank, 159 Mio.$ für den Bau der Chalala-Kaserne in Lusaka zu streichen.

  • Die FJT-Universität unter dem Bildungsministerium.

  • Instandsetzung von städtischen Straßen, Phase 3, unter dem Ministerium für Infrastruktur und Stadtentwicklung.

Schlußfolgerung

Angesichts der Bedingungen, die der IWF und die westlichen Partner Sambia und anderen Ländern auferlegen, um lebenswichtige Infrastrukturprojekte, vor allem mit China im Rahmen der BRI, zu streichen, ist es für China nicht sinnvoll, sich an diesen Programmen zu beteiligen.

Wenn 77% der Bevölkerung Sambias keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 60% keinen Zugang zu Elektrizität und 46% keinen Zugang zum Internet haben und die Straßen in einem miserablen Zustand sind, ist es nicht nachvollziehbar, wie die Streichung all dieser Infrastrukturprojekte zu einer Verbesserung der Wirtschaft des Landes führen soll. Es gibt keinen Beleg für die Behauptung der IWF-Mitarbeiter, daß diese Infrastrukturprojekte „keine nennenswerten Wachstums- oder Einkommenssteigerungen“ bewirken. Es ist eine Grundtatsache der Wirtschaftswissenschaft, daß Verbesserungen der Infrastruktur zu einer direkten und indirekten Steigerung der Produktivität der Volkswirtschaft führen, indem effiziente Verkehrsnetze geschaffen werden und die Produktionskosten durch zuverlässige billige Stromversorgung gesenkt werden.

Das andere Risiko bei dieser Politik ist, daß die Regierung einen Anreiz hat, mehr Geld für unproduktive öffentliche Ausgaben zu verwenden, z.B. für die Bezahlung von Angestellten des öffentlichen Dienstes und für Ausgaben zur Abmilderung der global bedingten Inflation. Das erhöht die unproduktive finanzielle Belastung. Gleichzeitig wird die vom IWF auferlegte Bedingung, die staatlichen Subventionen für Treibstoff zu streichen, einen Anstieg der Produktionskosten für die meisten Rohstoffe bewirken, und es kann zu öffentlichen Unruhen und politischer Instabilität führen.

China wird als Partner zurückgedrängt, und die vom Westen kontrollierten multilateralen Partner wie die Weltbank überwachen die Hilfsmaßnahmen, die als Sozialprogramme angelegt sind, um die Armut zu bekämpfen, anstatt deren Ursachen zu beseitigen. Dies wird das Land, in dem 60% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, in einem dauerhaften Zustand der Armut und der Abhängigkeit von westlichen Hilfsprogrammen halten.

Empfehlungen

Wie eingangs erwähnt, soll der Versuch, China zu Zugeständnissen an den IWF und andere Finanzinstitutionen zu zwingen, dabei helfen, die privaten Interessen in den USA und Großbritannien zu retten, die wegen der aktuellen transatlantischen Finanz- und Bankenkrise großen Risiken ausgesetzt sind. Das andere Ziel besteht darin, BRI-Projekte zu blockieren, ganz besonders in den am wenigsten entwickelten Ländern mit großen Mineralienvorkommen.

Wir würden China empfehlen, seine Position des „No bailout“ öffentlich zu machen: keine Rettung privater Interessen, deren Kredite an diese Länder nicht dem Nutzen ihrer Bevölkerung, sondern der Profiterzielung in Krisenzeiten dienen. China muß deutlich machen, daß seine Kredite an diese Länder, insbesondere für den Aufbau lebenswichtiger Infrastruktur, qualitativ etwas ganz anderes sind als die westlichen Kredite, weil Chinas Projekte die Produktivität dieser Länder und damit auch deren Fähigkeit zur Schuldenbedienung erhöhen. Westliche Kredite in Krisenzeiten dienen dazu, alte Schulden zu begleichen (vor allem an private Interessen, wie der IWF selbst erklärt). Eine solche Kreditpolitik zwingt die Entwicklungsländer in eine regelrechte Schuldenfalle, in einen Teufelskreis, weil man ihnen keine Möglichkeit oder keine Erlaubnis gibt, in produktive Projekte zu investieren.

Ansonsten sollte China seine bekannte und dokumentierte Politik fortsetzen: Schuldenerlaß und Umschuldung auf Einzelfallbasis. Chinas Kredite für lebenswichtige Infrastrukturprojekte müssen fortgesetzt werden, weil China zum Gläubiger letzter Instanz für solche wichtigen Investitionen geworden ist, um diese Länder aus der Armut zu holen. Schlimmstenfalls könnte China dazu übergehen, in Infrastruktur zu „investieren“, anstatt sie über Kredite zu finanzieren und zu bauen, und sich die Bodenschätze, die es für seine industrielle Entwicklung benötigt, durch eine Win-Win-Kooperation mit ressourcenreichen Ländern sichern.

Die afrikanischen Nationen müssen die Kontrolle über ihre eigenen Ressourcen auf faire und organisierte Weise übernehmen. Die neokolonialen Methoden, wie sie oben beschrieben wurden, müssen aufgedeckt und beendet werden. Die afrikanischen Länder müssen die primitive Rohstoffexport-Wirtschaft überwinden. Wenn die geförderten Rohstoffe in diesen Ländern vor Ort zu Endprodukten weiterverarbeitet werden, steigt ihr Wert um ein Vielfaches. Der jüngste Fall von Simbabwe, das die Ausfuhr von rohem Lithium verboten hat und ein Joint Venture mit einem chinesischen Unternehmen eingegangen ist,10 um eine Lithium-Ionen-Batteriefabrik im Land zu bauen, ist ein revolutionärer Schritt. Hier liegt ein Potential, die Beziehungen des gesamten afrikanischen Kontinents mit dem Rest der Welt neu zu gestalten. Das Zeitalter der Ausbeutung von Nationen durch Kolonialismus und Neokolonialismus muß beendet und durch das Win-Win-Konzept abgelöst werden, das in der Gürtel- und Straßen-Initiative zum Ausdruck kommt.


Anmerkungen

1. https://www.brixsweden.org/check-the-facts-of-sri-lankas-debt-crisis-no-chinese-debt-trap/

2. https://www.imf.org/en/Publications/CR/Issues/2022/09/06/Zambia-Request-for-an-Arrangement-Under-the-Extended-Credit-Facility-Press-Release-Staff-523196

3. https://www.piie.com/events/speech-counselor-us-treasury-secretary-brent-neiman

4. https://www.imf.org/en/News/Articles/2022/09/01/pr22295-imf-reaches-staff-level-agreement-on-an-extended-fund-facility-arrangement-with-sri-lanka

5. https://waronwant.org/sites/default/files/TheNewColonialism.pdf

6. https://www.un.org/en/land-natural-resources-conflict/pdfs/capturing-mineral-revenues-zambia.pdf

7. https://debtjustice.org.uk/press-release/blackrock-could-make-110-profit-out-of-zambias-debt-crisis

8. https://www.abrdn.com/en-is/institutional/insights-thinking-aloud/article-page/letter-from-zambia-the-election-game-changer

9. https://www.imf.org/en/Publications/CR/Issues/2022/09/06/Zambia-Request-for-an-Arrangement-Under-the-Extended-Credit-Facility-Press-Release-Staff-523196

10. https://www.sundaymail.co.zw/chinese-firm-to-manufacture-lithium-batteries-in-zim?fbclid=IwAR1mLO8py-F_-nyuVJ5RIIVClbIX486waZ6UBcUOyev8EFTpOYjv2hv3pKo