Die Afrikanische Energiebank
Afrikas Antwort auf die Kreditblockade bei der
Erschließung seiner Öl- und Gasvorkommen
Von Dean Andromidas
Afrikanische Politiker sehen in der vom Westen propagierten „Energiewende“
zur „Rettung des Planeten“ einmal mehr, daß Afrikas wirtschaftliche
Rückständigkeit verewigt werden soll; deshalb mobilisieren sie für ihr Recht,
Afrikas reiche Energieressourcen wie Öl, Gas, Kohle, Uran und mächtige Flüsse zu
erschließen.
Die wichtigste Waffe des Westens zur Durchsetzung seiner malthusianischen
Klimapolitik ist die Kürzung von Krediten für Investitionen, die angeblich nicht
den Kriterien für „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“ (ESG) entsprechen,
und Kohlenwasserstoffe – Erdöl und Erdgas – stehen ganz oben auf dieser Liste.
Schon jetzt verweigern die internationalen Institutionen Kredite für
Kohlekraftwerke, und die Weltbank finanziert keine Gaskraftwerke und nicht
einmal mehr große Wasserkraftwerke.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, wurde nun eine Afrikanische
Energiebank (AEB) gegründet, die eigene finanzielle Ressourcen des Kontinents
mobilisieren soll, um die notwendigen Kredite bereitzustellen. Der erste
Vorschlag dazu wurde im Mai 2022 von der African Petroleum Producers
Organization (APPO) unterbreitet. Im Juni dieses Jahres wurde die Satzung der
Bank unterzeichnet, und am 4. Juli wurde Nigerias Hauptstadt Abuja als Sitz der
Bank ausgewählt. Die Bank nimmt ihre Tätigkeit im September auf.
Diese neue Institution ist ein Joint Venture zwischen der APPO, ihren
Mitgliedstaaten und der Afrikanischen Export-Import-Bank (Afreximbank). Die 18
Mitgliedsstaaten der APPO sind: Ägypten, Äquatorialguinea, Algerien, Angola,
Benin, Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), Demokratische Republik Kongo, Gabun,
Ghana, Kamerun, Libyen, Namibia, Niger, Nigeria, Republik Kongo, Senegal,
Südafrika und Tschad.
© OPEC Facebook page
Dr. Omar Farouk Ibrahim, Generalsekretär der African Petroleum Producers
Organization (APPO)
© N.J. Ayuk Facebook page
N.J. Ayuk, Geschäftsführender Vorsitzender der African Energy Chamber
Anläßlich der Unterzeichnung der Charta der Afrikanischen Energiebank am 4.
Juni bei der Afreximbank in Kairo erklärte der Generalsekretär der APPO, Dr.
Omar Farouk Ibrahim:
„Die afrikanische Öl- und Gasindustrie war zu lange von außerafrikanischer
Finanzierung abhängig. Wir hielten die ausländische Finanzierung unserer Öl- und
Gasprojekte für selbstverständlich, bis wir im Zuge der Energiewende erkannten,
daß diejenigen, von denen wir jahrzehntelang abhängig waren, beschlossen haben,
uns im Stich zu lassen.“
Er betonte, Afrika könne es sich nicht leisten, auf Öl und Gas zu verzichten.
Von allen Kontinenten hat Afrika den größten Bevölkerungsanteil, der ohne
Stromanschluß lebt, obwohl es über 125 Milliarden Barrel an nachgewiesenen
Rohölreserven und über 25 Billionen Kubikmeter an nachgewiesenen Gasreserven
verfügt und immer wieder neue gefunden werden.
Dr. Ibrahim wird darin vom geschäftsführenden Vorsitzenden der Afrikanischen
Energiekammer, N.J. Ayuk unterstützt. In einem Interview zur Afrikanischen
Energiewoche, die im November in Kapstadt stattfindet, sagte Ayuk am 24. Juli
Arise News:
„Wir haben es satt, daß die Leute über Afrika herablassend reden, als ob wir
im finsteren Mittelalter oder auf dem schwarzen Kontinent leben würden. Wir
sollten stolz auf unseren Kontinent sein und unsere Möglichkeiten aufzeigen, und
ich danke Gott, daß wir die Gelegenheit haben, es zu zeigen, und das in der
besten Form.
Der afrikanische Kontinent bemüht sich intensiv um eine gerechte
Energiewende, die den Besonderheiten der Energiearmut und anderen
Herausforderungen des Kontinents Rechnung trägt... Ich denke, Afrika steht wegen
einer wichtigen Sache im Mittelpunkt des globalen Diskurses: Energiearmut. Ich
denke, in einer Zeit, in der viele sagen, daß wir – wegen des Klimawandels – auf
Öl- und Gasressourcen verzichten müssen, sagen die Afrikaner heute: ,Nein, es
ist Zeit für uns, uns zu entwickeln.‘ Wir haben immer noch 600 Millionen
Menschen ohne Zugang zu Elektrizität und 900 Millionen ohne Zugang zu sauberen
Kochmöglichkeiten.
Wir können sie jetzt nicht im Stich lassen, während wir uns noch bemühen, uns
zu industrialisieren... Sie müssen die afrikanische Industrialisierung in
Betracht ziehen. Es gibt so viel Gas, Erdgas in Afrika, das wir für die
Industrialisierung nutzen können. Deshalb sagen wir: ,Bohrt, Leute, bohrt‘, um
zu sehen, wie wir diese Ressourcen zu Geld machen und unsere Menschen entwickeln
können.“1
Abschließend bezog sich Ayuk auch auf die gebrochenen Versprechen derjenigen,
die von Afrika einen Verzicht auf Öl und Gas fordern: „Die Stimmen auf der Welt,
die sagen, wir müßten auf sauberere Energieformen umsteigen, müssen ihre
Versprechen auch einhalten. Es ist nicht in Ordnung, Milliarden von Dollar für
sauberes Kochen oder den Zugang zu Energie zu versprechen, ohne daß dieses Geld
jemals fließt.“2
Hamiltonische Prinzipien
Das Prinzip, nach dem die AEB gegründet wurde, ähnelt dem der First National
Bank der jungen Vereinigten Staaten unter Finanzminister Alexander Hamilton. Es
geht darum, die finanziellen Ressourcen eines Landes zu mobilisieren, um eine
infrastrukturorientierte Industriepolitik zu finanzieren.
Bisher haben die afrikanischen nationalen Ölgesellschaften auf dem Londoner
Kapitalmarkt Kredite aufgenommen, um die Öl- und Gasexploration und -entwicklung
zu finanzieren. Die Gewinne aus der Produktion fließen in die Bedienung dieser
ausländischen Kredite, und um die dafür benötigten Dollars zu verdienen, muß die
Produktion exportiert werden. Somit werden sowohl die Gewinne als auch das Öl
exportiert, und Afrika bleibt auf seinem riesigen Energiemangel und seiner Armut
sitzen.
Die AEB wird daran arbeiten, diese Dynamik zu ändern. Das Startkapital
beträgt 5 Milliarden Dollar, finanziert durch eine Investition von 83 Mio.
Dollar von jedem APPO-Mitgliedstaat sowie Kapital anderer Investoren. Anstatt
sich auf den Kapitalmärkten in London und an der Wall Street zu verschulden,
bemüht sich die AEB um eine Finanzierung über die 700 afrikanischen Banken und
die afrikanischen Pensionsfonds, die ihre Gelder häufig in ausländische
Wertpapiere investieren. Da alle Verkäufe von Öl und Gas nach Amerika oder
Europa in harter Währung abgerechnet werden, sind Investitionen in die Bank
attraktiv.
Die AEB ist aber nur die jüngste in einer Reihe panafrikanischer Banken, die
im Rahmen der Afrikanischen Union organisiert sind und sich im Besitz aller
Regierungen der Mitgliedsstaaten befinden. Dazu gehören die Afrikanische
Export-Import-Bank (Afreximbank) als Hauptpartner der AEB und die Afrikanische
Entwicklungsbank.
Die Afrikanischen Union und die Afreximbank haben auch ein Panafrikanisches
Zahlungs- und Abrechnungssystem gegründet, um grenzüberschreitende Zahlungen in
Landeswährungen zu erleichtern. Und die Afrikanische Union hat eine afrikanische
Freihandelszone geschaffen, um den innerafrikanischen Handel, der derzeit nur
sehr gering ist, auszuweiten.
Diese Institutionen werden zur ersten Verteidigungslinie gegen das derzeitige
westliche Finanzsystem, das von riesigen privaten „Universalbanken“ sowie dem
Weltwährungsfonds (IWF) und der Weltbank beherrscht wird, die nach völlig
anderen Prinzipien arbeiten und Afrika in dauerhafte Rückständigkeit
zwingen.
Ein neues Modell ist im Entstehen. Während das neoliberale IWF-System von den
Vereinigten Staaten gestützt wird – nicht (mehr) als führende Industriemacht,
sondern durch den Dollar und die Wall Street –, wird der Kern des entstehenden
Systems von China als der größten Industrienation der Welt gestützt. Dieses neue
System ist zwar noch nicht in Kraft, aber China und die BRICS-Staaten befassen
sich jetzt mit den grundlegenden Fragen eines Zahlungssystems, einer
Rechnungseinheit und eines Kreditsystems. Mit Äthiopien und Ägypten, die sich
Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika angeschlossen haben, gehören nun
drei afrikanische Länder zu den BRICS. Mit dem Iran und besonders den
Vereinigten Arabischen Emiraten sind auch zwei Länder mit wachsenden
Wirtschaftsbeziehungen zu Afrika hinzugekommen.
Das grundlegende Problem, mit dem die BRICS zu kämpfen haben, besteht darin,
daß die Vereinigten Staaten und Europa weiterhin zu ihren wichtigsten
Handelspartnern und Kreditgebern gehören, bei denen sie Schulden und andere
finanzielle Verpflichtungen haben. Der IWF hat Ägypten, Äthiopien, Kenia,
Sambia, Nigeria und anderen afrikanischen Ländern Kreditprogramme mit strengen
Auflagen auferlegt.
Solange das bankrotte westliche System nicht einem Konkursverfahren
unterzogen und von einem Spekulations-System in ein System produktiver
Investitionen umgewandelt wird, können die Maßnahmen der BRICS in Afrika den
Schaden nur teilweise lindern. Dennoch braucht man jetzt Schadensbegrenzung,
wenn Afrika industrialisiert werden soll.
Die Grundlage der Industrialisierung
An erster Stelle steht in dieser Hinsicht die Abkehr vom Status der
„Rohstoffexporteure“ als Fortsetzung des Kolonialismus. Die afrikanischen
Entscheidungsträger verlagern den Schwerpunkt vom Rohstoffexport auf die
Verarbeitung von Ressourcen wie Mineralien, landwirtschaftlichen Erzeugnissen
sowie Öl und Gas, und das nicht nur für den Export, sondern auch für den
Binnenhandel und die eigene Entwicklung. Das bildet die Grundlage der
afrikanischen Industrialisierung. Das einzige Land, das ähnlich gut mit
natürlichen Ressourcen ausgestattet ist, ist Rußland. Aber während Rußland unter
einer beträchtlichen Unterbevölkerung leidet, hat Afrika die jüngste Bevölkerung
aller Kontinente, und im vergangenen Jahr war Afrika zum ersten Mal in der
Geschichte der Menschheit der einzige Kontinent, dessen Bevölkerung wuchs.
Die Entscheidungsträger sind sich des Problems und der Lösung, insbesondere
im Energiesektor, durchaus bewußt. In einem Interview betonte Dr. Ibrahim
kürzlich die Notwendigkeit, lokale Lösungen für die Energiearmut zu finden:
„Öl und Gas wurden von Anfang an, sobald sie auf unserem Kontinent entdeckt
wurden, als Exportgüter behandelt. Sie wurden als Güter betrachtet, die nicht in
erster Linie den Menschen auf dem Kontinent, sondern Außenstehenden zugute
kommen sollten.
Afrika verfügt über erhebliche Öl- und Gasreserven, die genutzt werden
können, um die Energiearmut auf dem Kontinent zu beseitigen. Wir müssen die
Fähigkeit entwickeln, die Energieerzeugung und -verteilung zu verfeinern und den
Zugang für unsere Bevölkerung zu gewährleisten.“
Er bezog sich dabei auf die Tatsache, daß die meisten erdölexportierenden
Länder nicht über ausreichende eigene Raffineriekapazitäten verfügen, so
daß sie gezwungen sind, ihre Einnahmen aus dem Erdölexport für den Kauf von
Erdölprodukten zu verwenden. Anders als Westeuropa, das über ein riesiges Netz
von Öl- und Gaspipelines für die interne Verteilung verfügt, dienen fast alle
afrikanischen Pipelines dem Export, was die Produkte noch teurer macht. Aber
dies ändert sich rasch.
Afrikas größte Raffinerie
© CC/FrankvEck

Bau der weltweit größten Rektifikationskolonne der Dangote-Raffinerie zur
Erdöldestillation
© Dangote Industries Limited media page

Benzin-Tanklager der Dangote-Raffinerie mit einer Kapazität von 30 Mio.
Litern
Die Lösung dieses Dilemmas kam im Januar einen entscheidenden Schritt voran,
als in Nigeria die größte Ölraffinerie Afrikas und siebtgrößte der
Welt in Betrieb genommen wurde. Es ist ein Projekt des Unternehmers Aliko
Dangote, eine neue Raffinerie mit einer Kapazität von 650.000 Barrel täglich.
Die bei Lagos, der größten Stadt des Landes, errichtete Anlage hat ein Ausmaß
von mehr als 4000 Fußballfeldern und umfaßt auch einen petrochemischen Komplex
und einen eigenen Hafen. Die Baukosten betrugen rund 20 Milliarden Dollar. Das
Projekt von APPO wurde sowohl von Nigerias früherem Präsidenten Muhammadu
Buhari als auch vom derzeitigen Präsidenten Bola Ahmed Tinubu unterstützt.
Dangotes Absicht war es nicht nur, die teuren Importe von Erdölprodukten zu
stoppen und die Ölressourcen des Landes durch nachgelagerte Entwicklung
aufzuwerten. Er bietet auch an, diese Produkte an afrikanische Länder gegen
lokale Währung zu verkaufen, was für die Importeure einen enormen Vorteil
darstellt. Und er bietet an, das Öl anderer westafrikanischer Produzenten
zu raffinieren, darunter Niger, Kamerun, Ghana, Côte d'Ivoire und Angola.
Typisch für die jungen Arbeitskräfte Afrikas sind die Ingenieure und
Facharbeiter der „Generation Z“, die die Mehrheit der 3000 Mitarbeiter der
Raffinerie bilden.4
Die jungen Ingenieure, im Durchschnitt 26 Jahre alt und gut ausgebildet, sind
Nigerias wichtigste Ressource. Dangote bezahlt sie gut, damit sie nicht von
westlichen Ölfirmen abgeworben werden. Tatsächlich herrscht in den Vereinigten
Staaten und in europäischen Ländern wie Deutschland, dem einstigen Zentrum des
Ingenieurwesens in Europa, ein großer Mangel an Ingenieuren. Aber die
„Generation Z“ muß motiviert werden, zur industriellen Transformation ihres
Kontinents beizutragen.
Dangote stieß auf eine gigantische Welle des Widerstands seitens der
internationalen Ölgesellschaften, der internationalen Finanzwelt und der
Interessengruppen in Nigerias, die von den teuren Importen von Erdölprodukten
profitiert hatten. Er sagte auf dem CEO-Forum der Afreximbank-Jahrestagung:
„Ich wußte, daß es einen Kampf geben würde. Aber ich wußte nicht, daß die
Öl-Mafia stärker ist als die Drogen-Mafia, das kann ich Ihnen sagen. Sie haben
alles mögliche versucht, um mich zu stoppen... Während der COVID-Periode haben
sich einige der internationalen Banken richtig darauf gefreut, dafür zu sorgen,
daß wir mit unseren Krediten in Verzug geraten, damit das Projekt einfach tot
ist. Doch dazu ist es mit Hilfe von Banken wie der Afreximbank nicht
gekommen.“
Dangote mußte sogar gegen den nationalen Ölkonzern NNPCL (National Nigerian
Petroleum Company Ltd.) kämpfen, der die falsche Behauptung verbreitete,
Dangotes raffinierte Produkte seien minderwertig. Während sich die internen
Konflikte eindeutig auf dem Weg zur Lösung befinden, sind die internationalen
Akteure immer noch nervös und fürchten, daß seine riesige Produktion ihre
Kontrolle über den internationalen Markt ernsthaft beeinträchtigen wird.
Zusätzlich zu den „marktwirtschaftlichen“ und administrativen Hürden, die der
Dangote-Raffinerie schon vor der Inbetriebnahme in den Weg gelegt wurden, gab es
im Juli Proteste der Umweltbewegung – der von Großbritannien aus gelenkten
Sturmtruppe gegen wirtschaftliche Entwicklung.5
Ein afrikanischer Industrieller
© CC/Investment Corporation of Dubai
Aliko Dangote, Vorstandsvorsitzender der Dangote Group
Aliko Dangote ist ein gutes Beispiel, dem man folgen kann. Er gilt als
reichster Mann Afrikas, hat seinen Reichtum aber nicht mit Duty-Free-Shops an
Flughäfen, mit Spielkasinos oder im Tourismus erworben. Er besitzt auch kein
Haus in London oder Amerika oder anderswo im Ausland. Sein Reichtum beruht auf
seinem persönlichen Engagement für die Industrialisierung Nigerias und Afrikas.
Seine Dangote Group ist ein vollständig integrierter Mischkonzern. Zu dem Besitz
gehören Zementproduktion – Alcuin, die größte Zementfabrik Afrikas –, ein
Düngemittelkomplex, der Nigeria nach seiner vollständigen Inbetriebnahme zum
Selbstversorger machen wird, Zuckerraffination und Agrarproduktion.
Dangote ist ein entschiedener Kritiker der vom IWF diktierten
Hochzinspolitik, die unter dem Vorwand der Inflationsbekämpfung das Wachstum
hemmt und große Unternehmen zwingt, sich auf westlichen Kapitalmärkten zu
verschulden. Er kritisiert auch die radikale Freihandelspolitik, die behauptet,
ein Land dürfe seine aufstrebenden Industrien nicht schützen. Kürzlich
erklärte er auf einer Podiumsdiskussion6 zum Thema „Die Industrie neu
erfinden“ auf dem Nigerianischen Industriegipfel: „Niemand kann bei einem
Zinssatz von 30% Arbeitsplätze schaffen. Da gibt es kein Wachstum.“ Nigeria
müsse sich industrialisieren, statt länger von Importen abhängig zu sein:
„Importabhängigkeit ist gleichbedeutend mit dem Import von Armut und dem Export
von Arbeitsplätzen. Leider ist Nigeria noch weit davon entfernt, mit einem
Anteil des verarbeitenden Gewerbes von weniger als 5% am Warenexport im Jahr
2022.“
Er verglich dies mit Ländern wie China und Südkorea, in denen das
verarbeitende Gewerbe 93% der Exporte ausmacht:
„Nach der Unabhängigkeit und bis in die späten 1980er Jahre hinein hatten wir
eine florierende, stetig wachsende und zunehmend diversifizierte verarbeitende
Industrie. Aber wie wir alle bezeugen können, ist unser verarbeitendes Gewerbe
im Laufe der Jahre zurückgegangen. Ich glaube, daß eine der Hauptaufgaben und
die Verantwortung der Regierung nicht nur darin besteht, Investitionen zu
fördern und Investoren im verarbeitenden Gewerbe zu ermutigen, sondern auch
sicherzustellen, daß diese Investitionen gepflegt und geschützt werden, damit
sie wachsen und gedeihen können.
Es wird uns oft gesagt, Schutzmaßnahmen für die Industrie würden das Land
nicht wettbewerbsfähig machen. Das ist eine reine Fiktion. Genau das Gegenteil
ist der Fall. Ich sage, man kann erst dann wettbewerbsfähig sein, wenn man seine
eigene Industrie schützt und fördert.“
Dangote nannte das Beispiel seines Zementunternehmens, das mit Hilfe
staatlicher Schutzmaßnahmen gegründet wurde und heute „zu den zehn
wettbewerbsfähigsten Zementherstellern der Welt gehört und der größte
Zementhersteller und -exporteur Afrikas ist“.
Dangotes neue Ölraffinerie verspricht, Westafrika bei raffinierten
Erdölprodukten autark zu machen, wobei Zahlungen in lokalen Währungen akzeptiert
werden. Kürzlich kündigte er an, ins Stahlgeschäft einzusteigen, mit dem Ziel,
Nigeria nicht nur zum Selbstversorger, sondern auch zum Exporteur zu machen.
Am 12. Juni warf Alike Dangote dem multinationalen Ölkartell vor, es habe
wiederholt versucht, die Fertigstellung seiner Raffinerie zu verhindern, und sei
dabei von Banken unterstützt worden, die Kredite verweigerten. Er habe dann bei
der Afreximbank einen Kredit über 5,5 Mrd. $ (mehr als ein Viertel des 19 Mrd.
$-Projekts) aufgenommen, wovon er bereits 2,4 Mrd. $ zurückgezahlt habe.
Der Betrieb wurde im Januar 2024 aufgenommen, die erste Dieselproduktion kam
im März auf den heimischen Markt, wodurch der Preis sofort um 20% sank, und
weitere Einsparungen werden erwartet. Bald darauf folgte Kerosin, und im Juni
sollte auch Benzin (Premium Motor Spiritus) folgen. Doch es gab einen
Rückschlag, Reuters berichtete im Juli schadenfroh über den Erfolg der
Londoner Machenschaften. Die Raffinerieproduktion war nicht mehr gestiegen,
sondern sogar reduziert worden. Dangote mußte den Termin, an dem er Benzin für
Nigeria produzieren wollte, auf irgendwann im Juli verschieben.
Bankiers aufgepaßt
Die westliche Finanzoligarchie setzt ihre Kontrolle über die Kreditvergabe
immer noch als Hauptwaffe gegen die wirtschaftliche Entwicklung ein, aber die
Afrikaner wehren sich. Die Afrikanische Energiekammer droht damit, die
Oligarchen der Londoner City und der Wall Street vor Gericht zu bringen, weil
sie unter dem Deckmantel des Klimaschutzes „finanzielle Apartheid“ gegen Afrika
betreiben.
Der Vorsitzende der Energiekammer, N.J. Ayuk, sagte IntelliNews am 7.
August:
„Erdgas wird in Afrika als fossiler Brennstoff eingestuft, während es in
Europa als grüne Energie angesehen wird. Das ist eindeutig eine Diskriminierung,
ein Skandal, der nicht sein darf. Es dürfen nicht für die europäische und
amerikanische Energiewirtschaft die gleichen Maßstäbe gelten wie für die
afrikanische Energiewirtschaft. Das ist sehr ungerecht, heuchlerisch und
kolonial.“
Er verwies darauf, daß nach dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts mit der
Begründung der „Energiesicherheit“ in Europa sofort Finanzmittel für
Flüssiggas-Projekte zur Verfügung gestellt wurden und die EU Erdgas als
nachhaltig definierte, während Investitionen in diesem Bereich in Afrika auf der
Grundlage der sogenannten Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG)
eingeschränkt wurden:
„Wir wollen diese sehr diskriminierenden Kreditvergabepraktiken gegenüber
Afrika beenden. Das ist finanzielle Apartheid im Namen von ESG und im Namen des
Klimaschutzes. Wir werden das als eine Menschenrechtsfrage behandeln. Wir
glauben an das Rechtssystem, das uns eine faire Anhörung gewähren wird.“
Ayuk sagte, die Afrikanische Energiekammer plane, im nächsten Jahr mit Hilfe
einiger der besten Anwaltskanzleien der Welt und der Unterstützung mehrerer
afrikanischer Staaten vor westlichen Gerichten Klage gegen westliche
Finanzinstitute zu erheben. Sein Argument:
„Es gibt eine ganz neue Generation von Afrikanern, die sagen: Wir wollen den
gleichen Lebensstandard haben wie die Europäer. Es ist wichtig, daß wir
entsprechende Möglichkeiten und Arbeitsplätze hier im Lande schaffen, damit die
Afrikaner nicht über das Mittelmeer fahren müssen, um in Europa Arbeit zu
suchen.“
Anmerkungen
1. https://panafricanvisions.com/2024/07/africas-abundant-resources-position-continent-as-key-player-in-global-energy-market-nj-ayuk/
2. N.J. Ayuk und Dr. Omar Farouk Ibrahim wurden in EIR vom 22. Dezember 2023
in einem Beitrag über „das nächste Wirtschaftswunder der Welt“ zitiert, https://larouchepub.com/eiw/public/2023/eirv50n50-20231222/eirv50n50-20231222_017-cop28_will_not_stop_africa_the_w.pdf
3. https://africa24.it/en/2024/06/22/empowering-africa-addressing-energy-poverty-through-local-solutions/
4. https://nairametrics.com/2024/07/15/dangote-refinery-employees-dominated-by-gen-z-nigerian-engineers/
5. Siehe Neue Solidarität-Dossier: „Stoppt den Wirtschaftskrieg gegen
Deutschland!“, Neue Solidarität 23/2023, https://www.solidaritaet.com/neuesol/2023/23/
6. https://leadership.ng/dangote-faults-cbns-26-interest-rate-says-no-growth-will-happen/