"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

Die Afrikanische Energiebank

Afrikas Antwort auf die Kreditblockade bei der Erschließung seiner Öl- und Gasvorkommen

Von Dean Andromidas

Afrikanische Politiker sehen in der vom Westen propagierten „Energiewende“ zur „Rettung des Planeten“ einmal mehr, daß Afrikas wirtschaftliche Rückständigkeit verewigt werden soll; deshalb mobilisieren sie für ihr Recht, Afrikas reiche Energieressourcen wie Öl, Gas, Kohle, Uran und mächtige Flüsse zu erschließen.

Die wichtigste Waffe des Westens zur Durchsetzung seiner malthusianischen Klimapolitik ist die Kürzung von Krediten für Investitionen, die angeblich nicht den Kriterien für „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“ (ESG) entsprechen, und Kohlenwasserstoffe – Erdöl und Erdgas – stehen ganz oben auf dieser Liste. Schon jetzt verweigern die internationalen Institutionen Kredite für Kohlekraftwerke, und die Weltbank finanziert keine Gaskraftwerke und nicht einmal mehr große Wasserkraftwerke.

Um dieser Herausforderung zu begegnen, wurde nun eine Afrikanische Energiebank (AEB) gegründet, die eigene finanzielle Ressourcen des Kontinents mobilisieren soll, um die notwendigen Kredite bereitzustellen. Der erste Vorschlag dazu wurde im Mai 2022 von der African Petroleum Producers Organization (APPO) unterbreitet. Im Juni dieses Jahres wurde die Satzung der Bank unterzeichnet, und am 4. Juli wurde Nigerias Hauptstadt Abuja als Sitz der Bank ausgewählt. Die Bank nimmt ihre Tätigkeit im September auf.

Diese neue Institution ist ein Joint Venture zwischen der APPO, ihren Mitgliedstaaten und der Afrikanischen Export-Import-Bank (Afreximbank). Die 18 Mitgliedsstaaten der APPO sind: Ägypten, Äquatorialguinea, Algerien, Angola, Benin, Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), Demokratische Republik Kongo, Gabun, Ghana, Kamerun, Libyen, Namibia, Niger, Nigeria, Republik Kongo, Senegal, Südafrika und Tschad.

© OPEC Facebook page

Dr. Omar Farouk Ibrahim, Generalsekretär der African Petroleum Producers Organization (APPO)

© N.J. Ayuk Facebook page

N.J. Ayuk, Geschäftsführender Vorsitzender der African Energy Chamber

Anläßlich der Unterzeichnung der Charta der Afrikanischen Energiebank am 4. Juni bei der Afreximbank in Kairo erklärte der Generalsekretär der APPO, Dr. Omar Farouk Ibrahim:

    „Die afrikanische Öl- und Gasindustrie war zu lange von außerafrikanischer Finanzierung abhängig. Wir hielten die ausländische Finanzierung unserer Öl- und Gasprojekte für selbstverständlich, bis wir im Zuge der Energiewende erkannten, daß diejenigen, von denen wir jahrzehntelang abhängig waren, beschlossen haben, uns im Stich zu lassen.“

Er betonte, Afrika könne es sich nicht leisten, auf Öl und Gas zu verzichten. Von allen Kontinenten hat Afrika den größten Bevölkerungsanteil, der ohne Stromanschluß lebt, obwohl es über 125 Milliarden Barrel an nachgewiesenen Rohölreserven und über 25 Billionen Kubikmeter an nachgewiesenen Gasreserven verfügt und immer wieder neue gefunden werden.

Dr. Ibrahim wird darin vom geschäftsführenden Vorsitzenden der Afrikanischen Energiekammer, N.J. Ayuk unterstützt. In einem Interview zur Afrikanischen Energiewoche, die im November in Kapstadt stattfindet, sagte Ayuk am 24. Juli Arise News:

    „Wir haben es satt, daß die Leute über Afrika herablassend reden, als ob wir im finsteren Mittelalter oder auf dem schwarzen Kontinent leben würden. Wir sollten stolz auf unseren Kontinent sein und unsere Möglichkeiten aufzeigen, und ich danke Gott, daß wir die Gelegenheit haben, es zu zeigen, und das in der besten Form.

    Der afrikanische Kontinent bemüht sich intensiv um eine gerechte Energiewende, die den Besonderheiten der Energiearmut und anderen Herausforderungen des Kontinents Rechnung trägt... Ich denke, Afrika steht wegen einer wichtigen Sache im Mittelpunkt des globalen Diskurses: Energiearmut. Ich denke, in einer Zeit, in der viele sagen, daß wir – wegen des Klimawandels – auf Öl- und Gasressourcen verzichten müssen, sagen die Afrikaner heute: ,Nein, es ist Zeit für uns, uns zu entwickeln.‘ Wir haben immer noch 600 Millionen Menschen ohne Zugang zu Elektrizität und 900 Millionen ohne Zugang zu sauberen Kochmöglichkeiten.

    Wir können sie jetzt nicht im Stich lassen, während wir uns noch bemühen, uns zu industrialisieren... Sie müssen die afrikanische Industrialisierung in Betracht ziehen. Es gibt so viel Gas, Erdgas in Afrika, das wir für die Industrialisierung nutzen können. Deshalb sagen wir: ,Bohrt, Leute, bohrt‘, um zu sehen, wie wir diese Ressourcen zu Geld machen und unsere Menschen entwickeln können.“1

Abschließend bezog sich Ayuk auch auf die gebrochenen Versprechen derjenigen, die von Afrika einen Verzicht auf Öl und Gas fordern: „Die Stimmen auf der Welt, die sagen, wir müßten auf sauberere Energieformen umsteigen, müssen ihre Versprechen auch einhalten. Es ist nicht in Ordnung, Milliarden von Dollar für sauberes Kochen oder den Zugang zu Energie zu versprechen, ohne daß dieses Geld jemals fließt.“2

Hamiltonische Prinzipien

Das Prinzip, nach dem die AEB gegründet wurde, ähnelt dem der First National Bank der jungen Vereinigten Staaten unter Finanzminister Alexander Hamilton. Es geht darum, die finanziellen Ressourcen eines Landes zu mobilisieren, um eine infrastrukturorientierte Industriepolitik zu finanzieren.

Bisher haben die afrikanischen nationalen Ölgesellschaften auf dem Londoner Kapitalmarkt Kredite aufgenommen, um die Öl- und Gasexploration und -entwicklung zu finanzieren. Die Gewinne aus der Produktion fließen in die Bedienung dieser ausländischen Kredite, und um die dafür benötigten Dollars zu verdienen, muß die Produktion exportiert werden. Somit werden sowohl die Gewinne als auch das Öl exportiert, und Afrika bleibt auf seinem riesigen Energiemangel und seiner Armut sitzen.

Die AEB wird daran arbeiten, diese Dynamik zu ändern. Das Startkapital beträgt 5 Milliarden Dollar, finanziert durch eine Investition von 83 Mio. Dollar von jedem APPO-Mitgliedstaat sowie Kapital anderer Investoren. Anstatt sich auf den Kapitalmärkten in London und an der Wall Street zu verschulden, bemüht sich die AEB um eine Finanzierung über die 700 afrikanischen Banken und die afrikanischen Pensionsfonds, die ihre Gelder häufig in ausländische Wertpapiere investieren. Da alle Verkäufe von Öl und Gas nach Amerika oder Europa in harter Währung abgerechnet werden, sind Investitionen in die Bank attraktiv.

Die AEB ist aber nur die jüngste in einer Reihe panafrikanischer Banken, die im Rahmen der Afrikanischen Union organisiert sind und sich im Besitz aller Regierungen der Mitgliedsstaaten befinden. Dazu gehören die Afrikanische Export-Import-Bank (Afreximbank) als Hauptpartner der AEB und die Afrikanische Entwicklungsbank.

Die Afrikanischen Union und die Afreximbank haben auch ein Panafrikanisches Zahlungs- und Abrechnungssystem gegründet, um grenzüberschreitende Zahlungen in Landeswährungen zu erleichtern. Und die Afrikanische Union hat eine afrikanische Freihandelszone geschaffen, um den innerafrikanischen Handel, der derzeit nur sehr gering ist, auszuweiten.

Diese Institutionen werden zur ersten Verteidigungslinie gegen das derzeitige westliche Finanzsystem, das von riesigen privaten „Universalbanken“ sowie dem Weltwährungsfonds (IWF) und der Weltbank beherrscht wird, die nach völlig anderen Prinzipien arbeiten und Afrika in dauerhafte Rückständigkeit zwingen.

Ein neues Modell ist im Entstehen. Während das neoliberale IWF-System von den Vereinigten Staaten gestützt wird – nicht (mehr) als führende Industriemacht, sondern durch den Dollar und die Wall Street –, wird der Kern des entstehenden Systems von China als der größten Industrienation der Welt gestützt. Dieses neue System ist zwar noch nicht in Kraft, aber China und die BRICS-Staaten befassen sich jetzt mit den grundlegenden Fragen eines Zahlungssystems, einer Rechnungseinheit und eines Kreditsystems. Mit Äthiopien und Ägypten, die sich Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika angeschlossen haben, gehören nun drei afrikanische Länder zu den BRICS. Mit dem Iran und besonders den Vereinigten Arabischen Emiraten sind auch zwei Länder mit wachsenden Wirtschaftsbeziehungen zu Afrika hinzugekommen.

Das grundlegende Problem, mit dem die BRICS zu kämpfen haben, besteht darin, daß die Vereinigten Staaten und Europa weiterhin zu ihren wichtigsten Handelspartnern und Kreditgebern gehören, bei denen sie Schulden und andere finanzielle Verpflichtungen haben. Der IWF hat Ägypten, Äthiopien, Kenia, Sambia, Nigeria und anderen afrikanischen Ländern Kreditprogramme mit strengen Auflagen auferlegt.

Solange das bankrotte westliche System nicht einem Konkursverfahren unterzogen und von einem Spekulations-System in ein System produktiver Investitionen umgewandelt wird, können die Maßnahmen der BRICS in Afrika den Schaden nur teilweise lindern. Dennoch braucht man jetzt Schadensbegrenzung, wenn Afrika industrialisiert werden soll.

Die Grundlage der Industrialisierung

An erster Stelle steht in dieser Hinsicht die Abkehr vom Status der „Rohstoffexporteure“ als Fortsetzung des Kolonialismus. Die afrikanischen Entscheidungsträger verlagern den Schwerpunkt vom Rohstoffexport auf die Verarbeitung von Ressourcen wie Mineralien, landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie Öl und Gas, und das nicht nur für den Export, sondern auch für den Binnenhandel und die eigene Entwicklung. Das bildet die Grundlage der afrikanischen Industrialisierung. Das einzige Land, das ähnlich gut mit natürlichen Ressourcen ausgestattet ist, ist Rußland. Aber während Rußland unter einer beträchtlichen Unterbevölkerung leidet, hat Afrika die jüngste Bevölkerung aller Kontinente, und im vergangenen Jahr war Afrika zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit der einzige Kontinent, dessen Bevölkerung wuchs.

Die Entscheidungsträger sind sich des Problems und der Lösung, insbesondere im Energiesektor, durchaus bewußt. In einem Interview betonte Dr. Ibrahim kürzlich die Notwendigkeit, lokale Lösungen für die Energiearmut zu finden:

    „Öl und Gas wurden von Anfang an, sobald sie auf unserem Kontinent entdeckt wurden, als Exportgüter behandelt. Sie wurden als Güter betrachtet, die nicht in erster Linie den Menschen auf dem Kontinent, sondern Außenstehenden zugute kommen sollten.

    Afrika verfügt über erhebliche Öl- und Gasreserven, die genutzt werden können, um die Energiearmut auf dem Kontinent zu beseitigen. Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, die Energieerzeugung und -verteilung zu verfeinern und den Zugang für unsere Bevölkerung zu gewährleisten.“

Er bezog sich dabei auf die Tatsache, daß die meisten erdölexportierenden Länder nicht über ausreichende eigene Raffinerie­kapazitäten verfügen, so daß sie gezwungen sind, ihre Einnahmen aus dem Erdölexport für den Kauf von Erdölprodukten zu verwenden. Anders als Westeuropa, das über ein riesiges Netz von Öl- und Gaspipelines für die interne Verteilung verfügt, dienen fast alle afrikanischen Pipelines dem Export, was die Produkte noch teurer macht. Aber dies ändert sich rasch.

Afrikas größte Raffinerie

© CC/FrankvEck
Bau der weltweit größten Rektifikationskolonne der Dangote-Raffinerie zur Erdöldestillation

© Dangote Industries Limited media page
Benzin-Tanklager der Dangote-Raffinerie mit einer Kapazität von 30 Mio. Litern

Die Lösung dieses Dilemmas kam im Januar einen entscheidenden Schritt voran, als in Nigeria die größte Ölraffi­ne­rie Afrikas und siebtgrößte der Welt in Betrieb genommen wurde. Es ist ein Projekt des Unternehmers Aliko Dangote, eine neue Raffinerie mit einer Kapazität von 650.000 Barrel täglich. Die bei Lagos, der größten Stadt des Landes, errichtete Anlage hat ein Ausmaß von mehr als 4000 Fußballfeldern und umfaßt auch einen petrochemischen Komplex und einen eigenen Hafen. Die Baukosten betrugen rund 20 Milliarden Dollar. Das Projekt von APPO wurde sowohl von Nigerias früherem Präsidenten Muham­madu Buhari als auch vom derzeitigen Präsidenten Bola Ahmed Tinubu unterstützt.

Dangotes Absicht war es nicht nur, die teuren Importe von Erdölprodukten zu stoppen und die Ölressourcen des Lan­des durch nachgelagerte Entwicklung aufzuwerten. Er bietet auch an, diese Produkte an afrikanische Länder gegen lokale Währung zu verkaufen, was für die Importeure einen enormen Vorteil dar­stellt. Und er bietet an, das Öl anderer westafrikanischer Produzenten zu raffi­nieren, darunter Niger, Kamerun, Ghana, Côte d'Ivoire und Angola. Typisch für die jungen Arbeitskräfte Afrikas sind die Ingenieure und Facharbeiter der „Generation Z“, die die Mehrheit der 3000 Mitarbeiter der Raffinerie bilden.4

Die jungen Ingenieure, im Durchschnitt 26 Jahre alt und gut ausgebildet, sind Nigerias wichtigste Ressource. Dangote bezahlt sie gut, damit sie nicht von westlichen Ölfirmen abgeworben werden. Tatsächlich herrscht in den Vereinigten Staaten und in europäischen Ländern wie Deutschland, dem einstigen Zentrum des Ingenieurwesens in Europa, ein großer Mangel an Ingenieuren. Aber die „Generation Z“ muß motiviert werden, zur industriellen Transformation ihres Kontinents beizutragen.

Dangote stieß auf eine gigantische Welle des Widerstands seitens der internationalen Ölgesellschaften, der internationalen Finanzwelt und der Interessengruppen in Nigerias, die von den teuren Importen von Erdölprodukten profitiert hatten. Er sagte auf dem CEO-Forum der Afreximbank-Jahrestagung:

    „Ich wußte, daß es einen Kampf geben würde. Aber ich wußte nicht, daß die Öl-Mafia stärker ist als die Drogen-Mafia, das kann ich Ihnen sagen. Sie haben alles mögliche versucht, um mich zu stoppen... Während der COVID-Periode haben sich einige der internationalen Banken richtig darauf gefreut, dafür zu sorgen, daß wir mit unseren Krediten in Verzug geraten, damit das Projekt einfach tot ist. Doch dazu ist es mit Hilfe von Banken wie der Afreximbank nicht gekommen.“

Dangote mußte sogar gegen den nationalen Ölkonzern NNPCL (National Nigerian Petroleum Company Ltd.) kämpfen, der die falsche Behauptung verbreitete, Dangotes raffinierte Produkte seien minderwertig. Während sich die internen Konflikte eindeutig auf dem Weg zur Lösung befinden, sind die internationalen Akteure immer noch nervös und fürchten, daß seine riesige Produktion ihre Kontrolle über den internationalen Markt ernsthaft beeinträchtigen wird.

Zusätzlich zu den „marktwirtschaftlichen“ und administrativen Hürden, die der Dangote-Raffinerie schon vor der Inbetriebnahme in den Weg gelegt wurden, gab es im Juli Proteste der Umweltbewegung – der von Großbritannien aus gelenkten Sturmtruppe gegen wirtschaftliche Entwicklung.5

Ein afrikanischer Industrieller

© CC/Investment Corporation of Dubai

Aliko Dangote, Vorstandsvorsitzender der Dangote Group

Aliko Dangote ist ein gutes Beispiel, dem man folgen kann. Er gilt als reichster Mann Afrikas, hat seinen Reichtum aber nicht mit Duty-Free-Shops an Flughäfen, mit Spielkasinos oder im Tourismus erworben. Er besitzt auch kein Haus in London oder Amerika oder anderswo im Ausland. Sein Reichtum beruht auf seinem persönlichen Engagement für die Industrialisierung Nigerias und Afrikas. Seine Dangote Group ist ein vollständig integrierter Mischkonzern. Zu dem Besitz gehören Zementproduktion – Alcuin, die größte Zementfabrik Afrikas –, ein Düngemittelkomplex, der Nigeria nach seiner vollständigen Inbetriebnahme zum Selbstversorger machen wird, Zuckerraffination und Agrarproduktion.

Dangote ist ein entschiedener Kritiker der vom IWF diktierten Hochzinspolitik, die unter dem Vorwand der Inflationsbekämpfung das Wachstum hemmt und große Unternehmen zwingt, sich auf westlichen Kapitalmärkten zu verschulden. Er kritisiert auch die radikale Freihandelspolitik, die behauptet, ein Land dürfe seine aufstre­ben­den Industrien nicht schützen. Kürzlich erklärte er auf einer Podiumsdiskussion6 zum Thema „Die Industrie neu erfinden“ auf dem Nigerianischen Industriegipfel: „Niemand kann bei einem Zinssatz von 30% Arbeitsplätze schaffen. Da gibt es kein Wachstum.“ Nigeria müsse sich industrialisieren, statt länger von Importen abhängig zu sein: „Importabhängigkeit ist gleichbedeutend mit dem Import von Armut und dem Export von Arbeitsplätzen. Leider ist Nigeria noch weit davon entfernt, mit einem Anteil des verarbeitenden Gewerbes von weniger als 5% am Warenexport im Jahr 2022.“

Er verglich dies mit Ländern wie China und Südkorea, in denen das verarbeitende Gewerbe 93% der Exporte ausmacht:

    „Nach der Unabhängigkeit und bis in die späten 1980er Jahre hinein hatten wir eine florierende, stetig wachsende und zunehmend diversifizierte verarbeitende Industrie. Aber wie wir alle bezeugen können, ist unser verarbeitendes Gewerbe im Laufe der Jahre zurückgegangen. Ich glaube, daß eine der Hauptaufgaben und die Verantwortung der Regierung nicht nur darin besteht, Investitionen zu fördern und Investoren im verarbeitenden Gewerbe zu ermutigen, sondern auch sicherzustellen, daß diese Investitionen gepflegt und geschützt werden, damit sie wachsen und gedeihen können.

    Es wird uns oft gesagt, Schutzmaßnahmen für die Industrie würden das Land nicht wettbewerbsfähig machen. Das ist eine reine Fiktion. Genau das Gegenteil ist der Fall. Ich sage, man kann erst dann wettbewerbsfähig sein, wenn man seine eigene Industrie schützt und fördert.“

Dangote nannte das Beispiel seines Zementunternehmens, das mit Hilfe staatlicher Schutzmaßnahmen gegründet wurde und heute „zu den zehn wettbewerbsfähigsten Zementherstellern der Welt gehört und der größte Zementhersteller und -exporteur Afrikas ist“.

Dangotes neue Ölraffinerie verspricht, Westafrika bei raffinierten Erdölprodukten autark zu machen, wobei Zahlungen in lokalen Währungen akzeptiert werden. Kürzlich kündigte er an, ins Stahlgeschäft einzusteigen, mit dem Ziel, Nigeria nicht nur zum Selbstversorger, sondern auch zum Exporteur zu machen.

Am 12. Juni warf Alike Dangote dem multinationalen Ölkartell vor, es habe wiederholt versucht, die Fertigstellung seiner Raffinerie zu verhindern, und sei dabei von Banken unterstützt worden, die Kredite verweigerten. Er habe dann bei der Afreximbank einen Kredit über 5,5 Mrd. $ (mehr als ein Viertel des 19 Mrd. $-Projekts) aufgenommen, wovon er bereits 2,4 Mrd. $ zurückgezahlt habe.

Der Betrieb wurde im Januar 2024 aufgenommen, die erste Dieselproduktion kam im März auf den heimischen Markt, wodurch der Preis sofort um 20% sank, und weitere Einsparungen werden erwartet. Bald darauf folgte Kerosin, und im Juni sollte auch Benzin (Premium Motor Spiritus) folgen. Doch es gab einen Rückschlag, Reuters berichtete im Juli schadenfroh über den Erfolg der Londoner Machenschaften. Die Raffinerieproduktion war nicht mehr gestiegen, sondern sogar reduziert worden. Dangote mußte den Termin, an dem er Benzin für Nigeria produzieren wollte, auf irgendwann im Juli verschieben.

Bankiers aufgepaßt

Die westliche Finanzoligarchie setzt ihre Kontrolle über die Kreditvergabe immer noch als Hauptwaffe gegen die wirtschaftliche Entwicklung ein, aber die Afrikaner wehren sich. Die Afrikanische Energiekammer droht damit, die Oligarchen der Londoner City und der Wall Street vor Gericht zu bringen, weil sie unter dem Deckmantel des Klimaschutzes „finanzielle Apartheid“ gegen Afrika betreiben.

Der Vorsitzende der Energiekammer, N.J. Ayuk, sagte IntelliNews am 7. August:

    „Erdgas wird in Afrika als fossiler Brennstoff eingestuft, während es in Europa als grüne Energie angesehen wird. Das ist eindeutig eine Diskriminierung, ein Skandal, der nicht sein darf. Es dürfen nicht für die europäische und amerikanische Energiewirtschaft die gleichen Maßstäbe gelten wie für die afrikanische Energiewirtschaft. Das ist sehr ungerecht, heuchlerisch und kolonial.“

Er verwies darauf, daß nach dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts mit der Begründung der „Energiesicherheit“ in Europa sofort Finanzmittel für Flüssiggas-Projekte zur Verfügung gestellt wurden und die EU Erdgas als nachhaltig definierte, während Investitionen in diesem Bereich in Afrika auf der Grundlage der sogenannten Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) eingeschränkt wurden:

    „Wir wollen diese sehr diskriminierenden Kreditvergabepraktiken gegenüber Afrika beenden. Das ist finanzielle Apartheid im Namen von ESG und im Namen des Klimaschutzes. Wir werden das als eine Menschenrechtsfrage behandeln. Wir glauben an das Rechtssystem, das uns eine faire Anhörung gewähren wird.“

Ayuk sagte, die Afrikanische Energiekammer plane, im nächsten Jahr mit Hilfe einiger der besten Anwaltskanzleien der Welt und der Unterstützung mehrerer afrikanischer Staaten vor westlichen Gerichten Klage gegen westliche Finanzinstitute zu erheben. Sein Argument:

    „Es gibt eine ganz neue Generation von Afrikanern, die sagen: Wir wollen den gleichen Lebensstandard haben wie die Europäer. Es ist wichtig, daß wir entsprechende Möglichkeiten und Arbeitsplätze hier im Lande schaffen, damit die Afrikaner nicht über das Mittelmeer fahren müssen, um in Europa Arbeit zu suchen.“


Anmerkungen

1. https://panafricanvisions.com/2024/07/africas-abundant-resources-position-continent-as-key-player-in-global-energy-market-nj-ayuk/

2. N.J. Ayuk und Dr. Omar Farouk Ibrahim wurden in EIR vom 22. Dezember 2023 in einem Beitrag über „das nächste Wirtschaftswunder der Welt“ zitiert, https://larouchepub.com/eiw/public/2023/eirv50n50-20231222/eirv50n50-20231222_017-cop28_will_not_stop_africa_the_w.pdf

3. https://africa24.it/en/2024/06/22/empowering-africa-addressing-energy-poverty-through-local-solutions/

4. https://nairametrics.com/2024/07/15/dangote-refinery-employees-dominated-by-gen-z-nigerian-engineers/

5. Siehe Neue Solidarität-Dossier: „Stoppt den Wirtschaftskrieg gegen Deutschland!“, Neue Solidarität 23/2023, https://www.solidaritaet.com/neuesol/2023/23/

6. https://leadership.ng/dangote-faults-cbns-26-interest-rate-says-no-growth-will-happen/