Hoffnung für Ostafrika: Der Jonglei-Kanal
Mehr als die Hälfte des Sudan wäre durch Bewässerung landwirtschaftlich
nutzbar. Man spricht sogar vom „möglichen Brotkorb für die Welt“. Würde die
Macht des Britischen Empire mit Hilfe eines weltweiten Trennbankensystems
gebrochen, hätten wir die finanzielle Freiheit, diese Region zu entwickeln, und
könnten viele Projekte sogar schon binnen Monaten in Gang bringen. Ein Beweis
dafür ist ein Infrastrukturprojekt, welches unfertig in der Sonne vor sich hin
rostet.
Der Jonglei-Kanal wurde 1946 erstmals von der ägyptischen Regierung ins
Gespräch gebracht. 1959 gab es bereits konkrete Pläne. Die Idee ist einfach:
Über einen knapp 360 Kilometer langen Kanal wird Nilwasser an den Sumpfgebieten
des Sudd, arabisch für „Hindernis“, einfach vorbeigeleitet. Durch die
Trockenlegung des Sumpfes würden dort mehre Giftfrosch- und 63 Mückenarten
verschwinden, große Wassermassen stünden für die Bewässerung der Region zur
Verfügung und bescherten segensreichen Frieden durch Entwicklung. Der Durchfluß
des Nil-Flußsystems würde um 5-7% verbessert.
1974 endlich nahm die sudanesische Regierung das Projekt in Angriff. Für den
Bau wurde der in Lübeck hergestellte damals größte mobile Bagger der Welt
eingesetzt. Er wurde in 742 Einzelteilen von der letzten Einsatzstelle in
Pakistan auf allen möglichen Wegen nach Sudan gebracht. Dieser Bagger konnte
täglich 40.000 Kubikmeter Erdreich bewegen, das entspricht Aushub für 1
Kilometer Kanal in weniger als 3 Tagen!
Doch nach wenigen Jahren wurde das Projekt gewaltsam beendet: Eine typisch
britische Destabilisierungsoperation stürzte den Süden Sudans in einen
Bürgerkrieg. Die Bauarbeiten wurden eingestellt, der Kanal war nur zur Hälfte
fertig, der riesige Bagger, ein Wunderwerk deutscher Ingenieurskunst, wurde von
den Rebellen mit Raketen beschossen und rostet nun verlassen in der Wüste vor
sich hin.
Nach der Abspaltung des Südsudan muß nun die Fertigstellung des
Jonglei-Kanals auf die Tagesordnung - auch, aber nicht nur, um die
Landwirtschaft des neuen Landes auf eine neue Ebene zu heben, damit man den
Hunger im Land und in den Nachbarstaaten besiegen kann. Der neue ägyptische
Premierminister Essam Sharaf, der im Februar nach dem Sturz von Hosni Mubarak
vom Höchsten Militärrat ernannt wurde, forderte auf seiner ersten
Auslandsreise in Khartum Ende März, gemeinsame großangelegte
Nahrungsmittelproduktion und Wasserprojekte auf die Tagesordnung zu setzen.
„Ägypten wird die Vollendung des nur zum Teil gebauten Jonglei-Kanals im
unschiffbaren Bereich des Nils im Süden Sudans zur höchsten Priorität machen“,
sagte Regierungssprecher Magdi Radi bei einer Pressekonferenz in Khartum.
„Wir möchten mit dem Bau des Jonglei-Kanals beginnen, weil er jährlich 4 Mrd.
m³ Nilwasser liefern wird.“
alh