Kulturelle Renaissance
Die Verwirklichung einer neuen gerechten Weltwirtschaftsordnung
kann nur Erfolg haben, wenn sie mit einer globalen kulturellen
Renaissance verbunden ist.
Das Schiller-Institut setzt sich deshalb
zum Ziel, das Werk der großen Künstler und Humanisten zu erhalten,
die den Fortschritt der Menschheit bewirkt haben. Insbesondere
verpflichtet ist das Schiller-Institut den Ideen
Friedrich Schillers,
weil niemand wirkungsvoller als er die Gedanken der republikanischen
Freiheit und der poetischen Schönheit miteinander verbunden hat.
"Weil nur die Schönheit es ist, durch welche man zur Freiheit
wandert", so hatte es Schiller in seinen Ästhetischen Briefen
ausgedrückt, ist die Wiederbelebung klassischer Musik, des klassischen
Theaters und der klassischen Dichtkunst zentrales Anliegen des
Schiller-Instituts, dessen kulturelle Aktivitäten vielfältig sind.
Die Chefredakteurin der Kulturzeitschrift Ibykus Elisabeth Hellenbroich hielt in Wiesbaden im November 1995 aus Anlaß der Feiern zum 236. Geburtstag Friedrich Schillers folgenden Festvortrag. Weil darin in knapper Form zum Ausdruck kommt, warum die Beschäftigung mit Friedrich Schiller heute so wichtig ist, geben wir den Vortrag hier leicht gekürzt wieder.
Ibykus die Zeitschrift für Poesie, Wissenschaft und Staatskunst wurde 1982 als Gegenpol zum kulturpessimistischen Zeitgeist mit dem Ziel gegründet, in Deutschland und in Europa den Geist der Weimarer Klassik wiederzubeleben.
Was bedeutet uns Schiller heute?
"Wir haben die Fähigkeit zur Weisheit und zur Tugend in uns. Mit dieser Gabe und mit Gottes Gnade können wir im nächsten Jahrhundert und im nächsten Jahrtausend eine Zivilisation schaffen, die der wirklichen Person würdig ist, eine wirkliche Kultur der Freiheit... Wir können und wir müssen es tun. Und wenn wir es tun, werden wir sehen, daß die Tränen dieses Jahrhunderts den Grund für einen neuen Frühling des menschlichen Geistes bereitet haben."
Das Zitat ist dem Schluß einer Rede entnommen, die Papst Johannes
Paul II. vor wenigen Wochen anläßlich des 50. Jahrestages der
UNO in New York hielt. Ich will es an den Anfang meiner einführenden
Betrachtungen anläßlich des 236. Geburtstages Friedrich Schillers
stellen, den wir zusammen mit Beethovens 225. Gedenkjahr und dem
sechsten Geburtstag der Maueröffnung am 9. November 1989 feiern.
Warum Schiller heute?
Ein Blick auf die Weltereignisse macht deutlich, daß wir in einer
großen Schicksalsstunde der Menschheit leben, wo alles davon abhängt,
ob wir diesen "punctum saliens" der Weltgeschichte positiv nutzen
und mit einer neuen Zukunft vor Augen die heutige Gegenwart
gestalten.
Wir sehen den Keim einer neuen Zukunft vor uns die Entwicklung
einer eurasischen Landbrücke als Impulsgeber einer weltweiten
wirtschaftlichen Renaissance: die Idee der Entwicklungskorridore
entlang der alten Seidenstraße (ähnlich wie sie einst Leibniz
entwarf), wo durch den Bau von Eisenbahnen, Kanalbauten, Straßen,
die Ansiedlung von Industrie, den Bau von Konzerthäusern, Bibliotheken,
Wissenschaftszentren Hoffnung auf Arbeit und Wohlergehen für Hunderte
Millionen Menschen gegeben würde und die Perspektive sich auftäte,
Europa und den Nahen Osten mit Asien und Afrika zu verbinden.
Falsche Axiome des Denkens
Zugleich aber sehen wir den Keim der Zerstörung, das Ende von
500 Jahren Geschichte, die, mit dem Frühling der Renaissance beginnend,
durch das beharrliche Festhalten an falschen Axiomen des Denkens
den Keim für die Zerstörung der mit der Renaissance überlieferten
europäischen Zivilisation legte: "Terror gegen die Zivilität"
in Bosnien, im Nahen Osten, globaler Finanzkollaps, Machtkampf
in Rußland, wachsende Armut und soziale Spannungen in Europa sind
Ausdruck dieser Zerstörung. Ethnisch-religiöse Konflikte werden
instrumentalisiert, um ganze Bevölkerungen gegeneinander auszuspielen
und den Staat als Idee zu zerschlagen. An die Stelle tritt die
Horrorvision einer aus vielen Kleinst-Ethnien bestehenden "postmodernen&uot;
Welt in der es keine universellen, verpflichtenden Rechte gibt,
keine Verantwortung für die Entwicklung und den Fortschritt der
Menschheit sondern nur einen grausamen, darwinistischen Überlebenskampf.
(...)
In diesen dem Lied von der Glocke entnommenen Sätzen faßte Schiller
seine tiefe Erschütterung zusammen, die ihn angesichts der völlig
barbarisch ausufernden Französischen Revolution ergriffen hatte.
Der Traum von einem Europa der souveränen Republiken war zerplatzt,
und eine oligarchische europäische Ordnung trat an seine Stelle.
Dennoch es mußte gehandelt werden, aber dazu mußte klar sein,
was die Ursache für das Scheitern damals wie auch für uns heute
nach 1989 war: Es war jene Schlaffheit des Geistes, jener Mangel
an geistiger Energie, sich wesentlichen Fragen zuzuwenden, jene
Charakterlosigkeit und gemeine Denkart des Zeitgeistes, die, wie
Schiller richtig diagnostizierte, die Menschen völlig unempfindlich
machte für die historischen Herausforderungen.
Was also tun, um den Menschen aus dem "faustischen Pakt" mit dem
Bösen bzw. dem Zeitgeist zu befreien?
Die einzige Methode, in den Menschen die Begeisterung für die
Zukunft und die Kraft zu wecken, diese zu gestalten, ist die Kunst,
?weil nur die Schönheit es ist, durch welche man zur Freiheit
wandert". So hatte es Schiller in den Ästhetischen Briefen darlegt.
Nur die klassisch-sokratische Kunst stellt im Herzen des Menschen
einen Sinn für Ewiges, Notwendiges, Unsterbliches, für Gerechtigkeit,
Wahrheit und Schönheit auf.
Mit der Methode der poetischen Metapher, der Dichtung und der
Kunst der Tragödie galt es also die Prinzipien schöpferischer
Kunst zu verteidigen. Nur von diesem Standpunkt der schöpferischen
Freiheit aus war es möglich, den Philistern, jenen, wie Schiller
es ausdrückte, "salbadernden" Stümpern den Kampf anzusagen. (
)
Universelle Menschenrechte
Wie ein roter Faden zieht sich ein Grundgedanke durch das Werk
Schillers: Es gibt jene universellen Menschenrechte, die "dort
droben hangen" (Tell) und jedem Menschen ins Herz geschrieben
sind. Die Gerechtigkeit, ein gerechter Staat, ein Staat der Freiheit,
kann jedoch nur gestaltet werden, wenn der einzelne durch die
Kunst, durch die Schönheit innerlich frei gemacht ist, frei von
dem "faustischen Pakt mit dem Bösen," jener Anpassung an die Meinung
und den Zeitgeist.
Wer sich vor Geßlers Hut verneigt, wohl wissend, daß dieses Symbol
für die völlige Unterdrückung steht, wer sich von der Macht und
dem Ehrgeiz blenden läßt wie der Feldherr Wallenstein, wer heute
alle moralischen Prinzipien zum Fenster hinauswirft, um einen
weniger dornenreichen Lebensweg zu gehen, der legt den Keim zur
Tragödie. Tragödien wurden von Aischylos, Shakespeare und Schiller
geschrieben, damit die Menschen mit dem großen Thema der Menschheit
konfrontiert wie in der Geschichte handelnde Personen zu denken
lernen. Zugleich weckt dieses Genre der Kunst, dieser großen Kunst,
vergleichbar mit Beethovens späten Streichquartetten, die Kraft
zu schöpferischem Denken und die Liebe zur Schönheit. Und je mehr
wir unseren Geist und unser Gemüt aus dieser Quelle stärken
wir haben es kürzlich erneut auf einem viertägigen Seminar im
slowakischen Dolna Krupa erlebt, wo Norbert Brainin mit jungen
Streichquartetten das Prinzip der motivischen Durchkomponierung
bei Beethovens späten Streichquartetten demonstrierte , um so
mehr Kraft gewinnen wir, uns den Aufgaben der Zukunft zu stellen,
um so mehr Liebe für die Menschheit wird in uns erzeugt.
Denken wir daran, daß Schiller in seinen Philosophischen Briefen
schrieb: "Menschenhaß ist ein verlängerter Selbstmord, Egoismus
die höchste Armut eines erschaffenen Wesens... Wenn jeder Mensch
alle liebte, so besäße jeder einzelne die Welt."
Schillers Universalgeschichte
"Die heutige Gegenwart läßt sich einzig vom Standpunkt der Weltgeschichte,
der Universalgeschichte beurteilen." So lautete die Kernthese
Schillers bei seiner Antrittsvorlesung in Jena. Es ist das Wissen,
daß unsere Gegenwart nur ein Resultat von vielen tausend Jahren
der Entwicklung und der Erfindungen ist. Geschichte ist keine
Willkür sie unterliegt dem Prinzip des bewußten Handelns von
Menschen, sie wird gestaltet, und das heißt: Es ist unsere Aufgabe,
?an das kommende Geschlecht die Schuld zu entrichten, die wir
dem vergangenen nicht mehr abtragen können, das heißt, aus unseren
Mitteln einen Beitrag zu leisten und an dieser unvergänglichen
Kette, die durch alle Menschengeschlechter sich windet, unser
fliehendes Dasein zu befestigen."
Stimmung und Register

1992 veröffentlichte das amerikanische Schiller-Institut in englischer
Sprache das "Handbuch über die Grundlagen von Stimmung und Register".
Das Buch über die Grundlagen klassischer Komposition wurde von
Lyndon LaRouche angeregt. Es zeigt anhand von über 300 Notenbeispielen
die Gründe auf, warum klassische Musik auf der Stimmung c=256
Hertz beruhen muß. Es richtet sich an professionelle Musiker,
Musikwissenschaftler, Lehrer und interessierte Laien.
Am 12. Februar 1996 überreichte eine Vertreterin des Schiller-Instituts
Placido Domingo die englische Ausgabe des "Handbuchs", der die
Arbeit mit folgenden Worten unterstützte:"Dies ist eine äußerst
wichtige Initiative für die Zukunft der Oper; sie muß ohne Verzug
weiter vorangetrieben werden."
1996 erschien das Handbuch in italienischer und deutscher Sprache.
Im Mai und Juni 1996 wurde die italienische Ausgabe bei Konferenzen
im Verdi-Haus in Mailand und im Auditorium des Päpstlichen Instituts
für Geistliche Musik in Rom vorgestellt. Neben Repräsentanten
des Schiller-Instituts sprachen bei dieser Konferenz der Mitherausgeber
der italienischen Ausgabe Arturo Sacchetti, Organist, Dirigent
und ehemaliger künstlerischer Leiter bei Radio Vatikan sowie Prof.
Bruno Barosi vom Geigenbauinstitut in Cremona. Barosi berichtete
über die Experimente an seinem Institut, die gezeigt haben, daß
die besten Violinen (Stradivaris) für die Stimmung c=256 Hz gebaut
wurden. An der Konferenz in Rom am 9. Juni nahm der bekannte Bariton
Renato Bruson teil. Er sang ein Musikbeispiel aus Verdis "Ernani"
und erklärte anschließend: "Ich bin hier, um die Kampagne, zu
Verdis Stimmung zurückzukehren, zu unterstützen;
denn wir haben deshalb eine Krise
der Stimmen. Wir haben keine echten Mezzosoprane und echten Bässe
mehr, und ich hoffe, daß die Dirigenten aus diesem Beispiel ihre
Lehre ziehen, da man bei a=432 die Farbe und Weichheit des Klanges
hört."
Eine weitere Konferenz des Schiller-Instituts zu diesem Thema
fand unter Beteiligung von Helga und Lyndon LaRouche am 30. November
1996 in Verdis Geburtsort Busseto statt. Unter den vielen hochrangigen
Konferenzteilnehmern aus dem Musik- und Kulturleben Italiens befanden
sich Carlo Bergonzi, Piero Cappuccilli, Antonella Banaudi, Prof.
Bruno Barosi und Maestro Arturo Sacchetti. Die Konferenz fand
ein breites Medienecho in Italien.
Bestellungen bitte an:
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Musikwissenschaft. Die Lohmann-Stiftung, "Stiftung zur Förderung der hohen Kunst des Gesangs", hatte im Juni 1998 zu einem Symposium nach Wiesbaden eingeladen.
Gesangstechnik und Schuberts Lieder
Die Thesen des Handbuchs über Stimmung und Register, mit dem das Schiller-Institut seit einigen Jahren die musikalische Welt buchstäblich "unsicher macht", waren auf einem Symposium der Lohmann-Stiftung für Liedgesang am 13. und 14. Juni 1998 in Wiesbaden Gegenstand lebhafter Diskussionen. Die "Stiftung zur Förderung der hohen Kunst des Gesangs" wurde 1987 gegründet, um das Werk von Paul Lohmann und Franziska Martienssen-Lohmann weiterzuführen. Sie dient vor allem der Weiterbildung von Gesangspädagogen, wendet sich aber mit den regelmäßig stattfindenden Symposien auch an Sänger und Studierende. Franziska Martienssen-Lohmann (1887-1971) war ehemals Schülerin des großen Sängers und Lehrers Johannes Messchaert gewesen, dessen Werk sie weiterführte; sie wurde zusammen mit ihrem Ehemann Paul Lohmann zu einer der gefragtesten Gesangspädagogen in Deutschland und im europäischen Ausland. Die Lohmann-Stiftung wurde 1987 von der Sängerin Prof. Hildegund Lohmann-Becker gegründet, die 1972 Paul Lohmanns zweite Ehefrau geworden war und heute in Deutschland, der Schweiz und in Skandinavien regelmäßig Gesangs-Meisterkurse abhält.
Bei diesem letzten Symposium ging es wiederum um gesangstechnische Fragen, wie der Beherrschung des sängerischen Atems. Dabei erläuterte eine ehemalige Mitarbeiterin Franziska Martienssen-Lohmanns deren Schritte zum Erlernen einer individuellen Atemtechnik, eine Lehrerin aus Berlin referierte über die Arbeit Johannes Messchaerts.
Einen zweiten Schwerpunkt bildete eine Diskussion über besondere Probleme in der Interpretation der Schubert-Lieder. Prof. Dr. Walther Dürr aus Tübingen, einer der Mitherausgeber der neuen Schubert-Ausgabe, einer "offenen Ausgabe", die dem Interpreten Aufschluß über die Entwicklung der einzelnen Lieder, der unterschiedlichen Ausgaben etc. geben soll, sprach zum Thema "Zwischen Freiheit und Regel -- Schuberts Lieder singen und spielen". Anhand zahlreicher Beispiele gab er Hinweise auf die unterschiedliche Lesart, bzw. die unterschiedlichen Auffassungen zu Interpretationsweisen von Schubert-Liedern, etwa durch Schuberts Freund Michael Vogl.
Ein Beitrag von Stephan Marienfeld vom Schiller-Institut in Düsseldorf über "Stimmung und Register am Beispiel der Schubert-Lieder" hatte zuvor für lebhafte Diskussion gesorgt. Er hatte nämlich anhand von Notenbeispielen erläutert, daß "Schubert bei seinen Kompositionen nicht nur die Partitur des Gedichts genauestens beachtet und musikalisch umgesetzt hat, sondern auch und vor allem die Natur des menschlichen Gesangsinstruments poetisch zu verwenden wußte. Schubert war ein ausgebildeter Sänger. Aus seinen Kompositionen wird ersichtlich, daß ihm die Natur der Register der menschlichen Stimme nicht nur bekannt waren, sondern, daß er ihre unterschiedlichen Farben kompositorisch bewußt einsetzt und zwar so, daß die entscheidenden poetischen Wendungen durch sie besonders beleuchtet und gewichtet werden." Beispiele, die Marienfeld dazu gebracht hatte, wie eine Stelle aus dem "Gute Nacht" aus der Winterreise, bei dem das "an dich hab ich gedacht" in der ersten Wendung auf das fis der Tenorstimme (und damit ins dritte Register) gelegt wird, während es in der zweiten resignativ-echoartigen Wendung auf dem f (und damit im zweiten Register) verbleibt -- daraus resultiert eine eindeutige Klangfarbendifferenzierung --, wurde mit Überraschung, in einigen Fällen auch mit Skepsis aufgenommen. Viele der anwesenden Sänger und Gesangslehrer zeigten sich spontan herausgefordert, die Diskussion in dieser Frage auch in Zukunft fortzusetzen.
Die wissenschaftlichen Grundlagen der Stimmung von c'=256 Hz, entsprechend einem Kammerton von 430-432 Hz, der berühmten "Verdi-Stimmung", hatte am Vortag Ortrun Cramer in einem Beitrag erläutert. Sie betonte dabei eingangs, daß das Schiller-Institut in seiner Forschungsarbeit auf das Werk großer Vorgänger zurückgreife und danach strebe, die im Werk etwa eines Johannes Kepler enthaltene Einheit der Welterkenntnis, die Einheit dessen, was wir heute als Naturwissenschaft strikt von der Geisteswissenschaft zu trennen gewohnt sind, wiederherzustellen. Sie zitierte aus der Weltharmonik, in derem dritten Buch Johannes Kepler nachweist, daß das Universum im Großen, d.h. in den Bewegungen der Planeten, deren Abständen etc. den gleichen harmonischen Proportionen folgt, die wir als musikalische Harmonien empfinden.
Kepler schreibt dazu: "Die Geometrie nämlich ... ewig wie Gott und aus dem göttlichen Geist hervorleuchtend, hat ... Gott die Bilder zur Ausgestaltung der Welt geliefert, auf daß diese die beste und schönste, dem Schöpfer ähnlichste würde. Gottes des Schöpfers Ebenbild aber sind sie nun alle, die Geister, Seelen, Vernunftwesen ..."; und weiter: "Die Seele wird froh gestimmt, wenn sie harmonische Töne, übelgelaunt, wenn sie nichtharmonische wahrnimmt. Von diesen seelischen Stimmungen rührt die Bezeichnung Konsonanzen für die harmonischen und die Bezeichnung Dissonanzen für die nichtharmonischen Proportionen her ... Alles lebt, solange diese Harmonien dauern, alles erschlafft, wenn sie gestört sind."
Die Entwicklung der Gesangskunst des Bel Canto in der Florentiner Renaissance folgte genau der in Keplers Worten ausgedrückten einheitlichen Weltsicht. Leonardo da Vinci trug mit seinen intensiven anatomischen und physiologischen Studien wesentlich zur Entwicklung des Bel Canto-Gesangs bei.
Das Handbuch der Grundlagen von Stimmung und Register ist im Böttiger-Verlag erschienen und kann von dort oder über den Buchhandel bezogen werden. ISBN 3-925725-28-8, Preis: 68,80 DM.
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Mit Vorträgen und Gesang wurde im Juni 1998 in Taverne in der Schweiz die Initiative des Schiller-Instituts für die wissenschaftliche Stimmung veranschaulicht.
Verdi in der Originalstimmung
Auf einer Konferenz im schweizerischen Taverne anläßlich des 25jährigen Bestehen des örtlichen Chores haben Vertreter des Schiller-Instituts am 19. Juni 1998 das von Lyndon LaRouche initiierte Handbuch der Grundlagen von Stimmung und Register in der italienischen Fassung Canto e Diapason ausführlich vorgestellt. Etwa 80-90 Sänger, Musiker und andere Gäste waren gekommen, darunter auch der Bürgermeister der Stadt. Der Leiter der Konferenz, der Präsident des Chores, begrüßte die Redner Liliana Celani, Arturo Sacchetti und die italienische Sopranistin Antonella Banaudi. Die Solistin, die schon bei der Vorstellung von Canto e Diapason in Mailand und im November 1997 in Giuseppe Verdis Heimatort Busseto gesungen hatte, stellte zwei Arien in der originalen "Verdi-Stimmung" c'=256 Hz (a'= ca. 430 Hz) und in der heutigen, künstlich erhöhten Stimmung a'=440 Hz vor.
Liliana Celani präsentierte einige der Hauptthesen des Musikhandbuchs des Schiller-Instituts: Alle Musik, auch die instrumentale, gründe sich auf dem Belcanto-Gesang der menschlichen Singstimme, und die natürliche Verbindung zwischen Musik und Wissenschaft -- ausgedrückt etwa in der wohltemperierten Tonleiter in der Stimmung c'=256 -- müsse wiederbelebt werden. Celani berichtete von der letzten Konferenz in Busseto, an der auch LaRouche teilgenommen hatte. Zum Abschluß erklärte sie, es sei bemerkenswert, wenn in der heutigen Zeit wirtschaftlicher und kultureller Krise die Initiative für die Rückkehr zu Verdis Stimmung nicht aus der "Musikwelt" selbst komme, sondern von LaRouche, dessen Gedanken im Bereich der Wirtschaft genauso wissenschaftlich begründet seien.
Antonella Banaudi sang (wie schon in Busseto) zwei Arien von Verdi, das patriotische "Santo di patria" aus Attila und die berühmte Arie der Aida "O cieli azzurri", beide zunächst in der jetzt üblichen hohen Stimmung und dann in der Verdi-Stimmung. Dafür hatte die Stadt Taverne ein tiefgestimmtes Klavier zur Verfügung gestellt. Mit der tieferen Stimmung klangen nicht nur die hohen Töne (das dritte Gesangsregister) besser, sondern auch die tiefen: Es zeigte sich erneut, daß die Vorteile der natürlichen Stimmung für alle Stimmlagen gelten, hohe wie tiefe, denn entscheidend ist nicht, wie die höchsten Töne erreicht werden, sondern daß die natürlichen Wechsel der Stimmregister respektiert werden.
Zum Abschluß der Konferenz sprach der Organist Arturo Sacchetti, der zusammen mit Celani die italienische Fassung des Musikhandbuchs ausgearbeitet hat. Er verglich in seinem Vortrag mehrere Musikbeispiele vom Band: Auszüge aus Mozarts Requiem in Fassungen unter den Dirigenten Ricardo Muti (1987), Herbert von Karajan (1972), Bruno Walter (mit den Wiener Philharmonikern, 1937) sowie Nikolaus Harnoncourt (1982). Es wurde deutlich (besonders in der Aufnahme mit v. Karajan), daß mit einer zu hohen Stimmung nicht nur die Singstimmen überanstrengt werden, sondern auch das Tempo fast automatisch zu schnell wird und die Transparenz der Stimmen verloren geht. "Unter diesen Umständen können die Singstimmen kaum noch mit den Instrumenten mithalten", sagte Sacchetti. Die großen klassischen Komponisten aber hätten eine sehr genaue Vorstellung von Klangfarben und Registerwechseln gehabt, die nicht verändert werden dürfe. "Das ist eine moralische Frage, man darf die Intention des Komponisten nicht verfälschen", betonte er.
Sacchetti kündigte an, daß er wegen der schwachen Resonanz aus der Musikwelt hinsichtlich der Problematik der überhöhten Stimmung ein eigenes Orchester gegründet habe. Dieses wird beim "Perosi-Festival" in Tortona südlich von Mailand im September das Oratorium Mosé des italienischen Komponisten Perosi in der Verdi-Stimmung spielen. Die italienische katholische Tageszeitung Avvenire habe bereits auf dieses Konzert aufmerksam gemacht, das im Rahmen der Kampagne für die Verdi-Stimmung stattfinde, die "in Zusammenarbeit mit dem Schiller-Institut in Wiesbaden" erfolge.
Bei einem anschließenden Empfang bedankte sich der Bürgermeister von Taverne in seiner Ansprache für den "enthusiastischen und hochstehenden Besuch".
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Motivführung
Mit dem im Januar 1987 in Augsburg veranstalteten Ibykus-Fest
unter dem Thema: "Die Aufgaben der Kultur in einer krisenvollen
Welt" begann im Schiller-Institut eine intensive Auseinandersetzung
mit Fragen der künstlerischen Interpretation in der Musik.
Der Primarius des Amadeus-Quartetts Prof. Norbert Brainin behandelte
dieses Thema auf der Augsburger Konferenz.
Mit Musikern und interessierten Laien diskutierte das Institut
bei internationalen Seminaren und Konferenzen die von Lyndon LaRouche
erhobene Forderung, aus wissenschaftlichen Gründen und als natürliche
Voraussetzung für die Sängerstimmen zur Verdi-Stimmung von c=256
Hz (a=432 Hz) zurückzukehren. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag
für das italienische Parlament wurde von vielen Tausend Künstlern
unterzeichnet, darunter Elly Ameling, Carlo Bergonzi, Grace Bumbry,
Giuseppe di Stefano, Dietrich Fischer-Dieskau, Birgit Nilsson,
Hermann Prey, Peter Schreier und Joan Sutherland.
Ein erstes Konzert in der wissenschaftlichen Stimmung findet im
Dezember 1988 in München statt. Im Max-Joseph-Saal der Residenz
spielten Norbert Brainin und der Pianist Günter Ludwig Violinsonaten
von Schumann und Beethoven. Anhand des Adagios aus Bachs Violinsonate
g-moll demonstriert Norbert Brainin eindrucksvoll die Überlegenheit
der Verdi-Stimmung gegenüber der hohen Stimmung.
Es fanden sich immer mehr Künstler bereit, in der "Verdi-Stimmung"
Konzerte zu geben. Die Musikarbeit des Schiller-Instituts ist
auch durch verschiedene Videoaufnahmen dokumentiert. 1994 entstand
mit Professor Brainin und dem Henschel-Quartett ein Lehrvideo
über die "Motivführung bei Haydn und Mozart, die musikalische
Revolution von 1781-86".
Seit 1996 stehen Lehrvideos über eine dreitägige Meisterklasse
für Streichquartette mit Prof. Brainin vom September 1995 im slowakischen
Dolná Krupá zur Verfügung. Ausgehend von einer Demonstration der
Motivführung als Kompositionsmethode am Beispiel von Beethovens
op. 59,2, erläutert Brainin das Quartett op. 127 und führt anschließend
selbst durch die Spätwerke op. 132 und 130 und die Große Fuge
op. 133. Den Abschluß der Meisterklasse bildete ein Konzert am
23. September 1995 im historischen Spiegelsaal des Primatialpalais
in Bratislava. Norbert Brainin und Günter Ludwig (Klavier) spielten
Sonaten von Mozart, Brahms und Beethoven.
Der Mitschnitt des Konzerts ist ebenfalls auf Video erhältlich.
Bestellungen bitte an:
Schiller-Institut,
Vereinigung für Staatskunst e.V.
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Fax. 0511-868511
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Chor und Orchester
In praktischer Umsetzung erarbeiten Laienmusiker des Schiller-Instituts
aus zehn verschiedenen Ländern gemeinsam mit Studierenden des
Kirchenkonservatoriums in Bratislava und einigen Berufsmusikern
die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach in der wissenschaftlichen
Stimmung c=256 Hz. Teile davon wurden bereits im Rahmen von Gottesdiensten
am 31. März 1996 in Karlsfeld bei München und am 28. März 1997
in Dalsheim bei Worms öffentlich aufgeführt.
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