Schiller-Feier
in Berlin: Die Kultur der Zukunft
Der 250. Geburtstag Friedrich Schillers schien in Deutschland kaum eine
Bedeutung zu haben. Die Mitglieder der BüSo wollten deshalb dem
Programm des Goethe-Instituts, bei dem Schillers Gedichte in Rapform
vortragen werden, mit einer klassischen Darstellung der Schillerschen
Ideen entgegentreten. Denn genau die humanistische Tradition, die
Schiller vertrat und grundlegend weiterentwickelte, ist heute
notwendiger als je zuvor.
Die Wirtschaftskrise – ihre Ursachen und ihre Konsequenzen – zeigt uns,
daß das politische System gescheitert ist. Anstatt die Krise als eine
Chance zu sehen, versuchen die Regierungen besonders in Europa und den
USA verzweifelt, die Lösung aus der Denkweise heraus zu finden, die uns
in die Krise hineingebracht hat. Anstatt die Krankheit - das
neoliberalen Systems – zu heilen, wird eine Politik betrieben, die alle
realen Werte im produktiven Wirtschaftsbereich zerstört und sie den
Kreisen der Finanzoligarchie und ihrer Verbündeten als eine Art
Opfergabe darbietet.
Immer noch akzeptieren viele Bürger dies als eine Art von
Buße, die wir uns auferlegen werden „müssen“. Viele verteidigen die
Dogmen, die die Krise hervorgerufen haben, obwohl die Geschwindigkeit
des Zusammenbruches in den vergangenen 2 Jahren dramatisch angestiegen
ist. Seit 2007 ist die Zahl der Menschen, die kurz vor dem Hungertod
stehen, um 400 Mio (!) auf 1,2 Mrd angestiegen. Im Jahre 2007 waren es
noch 800 Mio und auf einer Konferenz der FAO hatten die Staaten darin
übereingestimmt, daß sie die Zahl in den nächsten Jahren um die Hälfte,
also 400 Mio, senken wollten. Genau das Gegenteil ist geschehen. Nun
geht man sogar soweit, daß in den entwickelten Staaten eine Politik
besprochen und umgesetzt wird, die bestimmte Teile der Bevölkerung –
Menschen! – zunehmend als sogenannte „nutzlose Esser“ und somit nicht
mehr als Priorität betrachtet. Die Konsequenz ist, daß den Alten und
chronisch Kranken der Zugang zum Gesundheitssystem verweigert wird.
Dies geht vollkommen mit der aktuellen Diskussion über
Bevölkerungsreduktion einher, die jetzt eines der Hauptthemen auf der
Climate Change Konferenz in Kopenhagen sein soll.
Andererseits zeigen die Entwicklungen in Rußland, China und
anderen Staaten der Organisationen APEC und ASEAN, daß man aus einer
Notsituation heraus Großes schaffen kann. Doch viele Bürger sagen immer
noch „Das betrifft mich nicht, deshalb sorge ich mich lieber um meine
eigenen Probleme.“ Das Empfindungsvermögen unserer Bevölkerung muß also
erzogen und ausgebildet werden, wenn wir eine Lösung für die heutige
Krise der Menschheit wollen. Friedrich Schiller widmete sein Leben der
Idee der ästhetischen und moralischen Erziehung des Menschen und alle
seine Werke – Dramen, Gedichte, die historischen und die theoretischen
Schriften – arbeiten genau darauf hin. Deutschland kann stolz sein,
solch einen Menschen in seiner Geschichte zu finden und muß sich heute
auf diese Ideen beziehen.
Das Schillerfest in Berlin
Die Schiller-Feier begann mit einer kurzen Einleitung durch
Wolfgang Lillge, in der er zeigte, wie man im 19. und 20. Jh. Schillers
Geburtstage feierte. In Deutschland, Frankreich, Italien, den USA,
Rußland und sogar China und anderen Staaten gab es mehrtägige Feiern,
in denen man dem „Dichter der Freiheit“ huldigte. Zehntausende Menschen
waren in seinem Gedenken auf den Straßen. Die letzte große Feier in
Deutschland fand 1984 zu Schillers 225. Geburtstag statt. Schüler aus
ganz Deutschland traten in einem Wettbewerb an und rezitierten
Gedichte. Im gleichen Jahr schuf Helga Zepp-LaRouche das
Schiller-Institut, dessen Ziel es ist, das Menschenbild Friedrich
Schillers weltweit in die Politik aller Staaten einzubringen und sie
somit in der Idee des Fortschritts der ganzen Menschheit zu vereinigen.
Helga Zepp-LaRouche, die jetzige Bundesvorsitzende der BüSo,
war eigens angereist, um den 250. Geburtstag Schillers in Berlin feiern
zu können. Sie hielt einen Vortrag über die Bedeutung der Schillerschen
Ideen in der heutigen Zeit und sprach über die persönliche Beziehung
mit dem bedeutenden Dichter und seinen Ideen, die sie durch ihr Leben
führten: „Ohne ihn hätte mein Leben ganz anders ausgesehen.“
Anschließend führten zwei Mitglieder der LaRouche- Jugendbewegung,
Portia Tarumbwa Strid und Katarczyna Kruczkowsi, einen Aufzug aus
Schillers Drama „Maria Stuart“ auf. Dieses Stück spielt im 16. Jh. und
in der Szene handelt es sich um die Begegnung zweier Königinnen,
Elizabeth I. (Königin des protestantischen England) und Maria Stuart
(Königin des katholischen Schottland). Durch Erbansprüche sieht die
eine ihre Position in Gefahr und kerkert die andere ein. Das
Zusammentreffen der beiden ist in der Geschichte niemals geschehen;
Schiller nutzte aber diese Darstellung, um die Charaktere beider
Persönlichkeiten darstellen zu können. Beide waren in ihren Gefühlen
gefangen, Stolz und Angst hinderten sie an einer friedlichen
Übereinkunft.
Als Zuschauer empfindet man das Verlangen, daß beide einmal
die Situation aus der Vogelperspektive betrachten und sich nicht von
ihren Wutausbrüchen oder anderen unkontrollierten Emotionen bestimmen
lassen sollten. Man wünscht sich, daß sie über ihre individuellen
Begrenzungen hinausgehen und vernünftig, als selbstbestimmte
Individuen, die die Menschlichkeit repräsentieren, handeln würden. Ein
solches Denken ist in der heutigen Krise sehr wichtig, da alle Nationen
weltweit betroffen sind und nur eine Orientierung am Fortschritt der
Menschheit und nicht niederen Interessen uns die Krise überwinden
lassen kann.
Der erste Teil der Feier wurde mit einer ergreifenden
Rezitation des Gedichtes „Die Kraniche des Ibykus“ durch Karsten Werner
beendet. Der schreckliche Gesang der Erynnien klang allen noch im Ohr,
als die Zuschauer aufatmend mitverfolgten, wie eine höhere Macht, das
Gewissen der menschlichen Natur, die Nemesis, für Gerechtigkeit sorgte.
Im zweiten Teil sangen Petra Karlsson und Portia zwei
Opernarien. Die eine, „Dove sono i bei momenti“ („Wo ist die Liebe
hin?“) stammte aus Mozarts Oper „Figaros Hochzeit“ . Diese Oper diente
als „Erziehungsmittel“ für den Adel ; Mozart zeigte damit, daß jeder
Mensch – egal welchen Standes – gleich geschaffen ist und führt es
soweit, daß der Graf zum Schluß vor seiner Frau auf die Knie fallen muß
– im Beisein all seiner Diener!
Die zweite Arie war Verdis „Don Carlo“, die nach Schillers
Tragödie Don Karlos geschrieben wurde. Prinzessin Eboli, die den König,
Don Karlos und die Königin aus Ehrgeiz und Eigennutz betrogen hatte,
wird sich in diesem Stück ihrer Schuld bewußt. Aus einem Zustand des
Selbstmitleides wächst sie zu einer erwachsenen Persönlichkeit, die
bereut und sich selbst zu einem besseren Menschen erziehen will.
„Die Worte des Glaubens“, rezitiert von Andreas Lelke, gaben den
Zuschauern die Versicherung, daß, egal in welchem Zustand eine
Gesellschaft sich befindet, der einzelne immer wieder den Glauben an
die Menschheit gewinnen, die eigenen Möglichkeiten begreifen und durch
Übung der eigenen Tugenden verwirklichen kann.
Mit Schillers Ideen in die Zukunft
Da Schiller nicht nur ein stolzes Gefühl gegenüber unserer eigenen
Geschichte hervorrufen soll, sondern sein Denken auch wichtig für die
Zukunft ist, schloß Toni Kästner mit einem Vortrag über den
„Astronauten und den Dichter“ an. Wenn man über ein Projekt, wie die
bemannte Raumfahrt nachdenkt, wird schnell klar, daß dies nie mit einer
existentialistischen Gesellschaft zu erreichen ist. In einem
Raumschiff, dessen Mannschaft die Mission hat, den Mars zu erobern,
müssen erwachsene Menschen zusammenarbeiten. Sie können nicht wegen
persönlicher Probleme mal eben aussteigen und einen Joint rauchen. Sie
müssen ihre gesamte Kraft für die Mission geben, um sie verwirklichen
zu können. So wie Friedrich Schiller sagte, daß nun das Zeitalter der
Vernunft gekommen sei, meinte Kraft Ehricke, einer der
Raumfahrtpioniere des Apollo Projektes, wir seien im Zeitalter der
Entdeckungen. Der Mensch muß sich weiterentwickeln, um zu verhindern,
viele Jahrhunderte zurückgeworfen zu werden.
„Wiederholen kann zwar der Verstand, was
schon da gewesen,
Was die Natur gebaut, bauet er wählend ihr nach.
Über die Natur hinaus baut die Vernunft, doch nur in das Leere,
Du nur, Genius, mehrst in der Natur die Natur.“
Anschließend rezitierte Xenia Biereichelt „Die Bürgschaft“, die eine
der wundervollsten, kraftvollsten Verbindungen der Menschheit
beschreibt: die Freundschaft. Schiller sagte einmal über die
Freundschaft, daß sie eine bedeutende Einigung zweier denkender Wesen
sei. Er selbst lebte sehr lange in einer schwierigen Situation, weit
entfernt von Freiheit und Freude. In der Militärakademie, die er viele
Jahre besuchen mußte, war es ihm nicht erlaubt zu schreiben und auch
nach der Flucht war er lange Zeit von Armut und der Angst geplagt,
entdeckt zu werden und mußte allein auf dem Land leben. Frau von
Wolzogen ermöglichte ihm zwar zumindest unter einem Pseudonym zu
schreiben. Doch erst als er von Gottfried Körner in Dresden aufgenommen
wurde, erfuhr er wahre Freundschaft und Freude. Daraufhin schrieb er
die „Ode an die Freude“.
„Freude schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmliche, Dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
wo dein sanfter Flügel weilt.“
Mit dieser Idee endete der offizielle Teil der Schiller-Feier. Mit der
Freundschaft zweier großer Persönlichkeiten, die sich zwar im Leben
nie, jedoch aber im Geiste begegnet sind – Friedrich Schiller und
Ludwig van Beethoven. Der Chor und das kleine Orchester der
LaRouche-Jugendbewegung führten den Schlußsatz der 9. Symphonie
Beethovens auf. Und so blieb kaum ein Auge tränenleer und es fanden
sich viele Unterstützer, die der BüSo helfen wollen, diese Ideen nun
auf die Tagesordnung zu setzen.